das wird: Jetzt nur noch das Leben leben
Patrick Duff war mit Strangelove mal semi-berühmt. Jetzt gastiert er mit neuem Album im Norden
Von Benjamin Moldenhauer
Auf Youtube ist ein Liveclip von einem Auftritt von Patrick Duff zu sehen, in dem der britische Songwriter einen Song der Beatles covert. „Eleanor Rigby“ mutigerweise, nur mit Akustikgitarre und Stimme, und es funktioniert. Die Melancholie des Stücks und seine behutsame, aber auch spontan wirkende Verwandlung in einen spartanischen und leicht psychedelischen Folksong eignet sich gut als Einstieg in Leben und Werk eines hierzulande eher übersehenen Singer-Songwriters.
Patrick Duff spielt am Samstag in Bremen in der Lila Eule. Die Woche drauf tritt er in Hamburg auf, am Donnerstag. Duff hat die Songs seines neuen Albums „Another Word for Rose“ im Gepäck, das im November erscheint, und sein erstes Buch, die Autobiografie „The Singer“. Da kann man dann nochmal nachlesen, wie dieses Musikerleben so verlaufen ist.
Konzert Patrick Duff [strangelove], Lila Eule, Bernhardstr.10, Bremen, 14. 9., 20 Uhr Hebebühne, Barnerstr. 30, Hamburg, 19. 9., 20 Uhr
In den 1990ern war Patrick Duff mit Strangelove semi-erfolgreich. Die Band aus Bristol lief mit den drei Alben, die bis zur Auflösung 1998 erschienen, eher neben dem Britpop-Hype her. Ihre Musik hatte mit der robusten Lad-Ästhetik von Oasis nichts zu tun, aber auch nur wenig mit dem großformatigen Pop von Blur oder Pulp. Strangelove standen mit ihrem schradelig-psychedelischen Indierock immer etwas abseits.
Patrick Duff hat dann auch mit dem momentan massiv drohenden Britpop-Revival wenig am Hut. Nach dem Ende seiner Band entwickelte er eine sehr eigene und trotzdem traditionsbewusste Form des Singer-Songwriter-tums, dem ersten Genre für biographisch Beschädigte. Und zu erzählen hatte Duff in seinem Buch und auf seinen Alben in dieser Hinsicht genug. Depression, Alkoholismus und Drogen, und alle drei wohl in der Maximaldosis. Der Bandleader schlief während Interviews betrunken ein und machte suizidale Andeutungen. Strangelove waren bald danach am Ende, und Patrick Duff ging in die Wälder, meditieren. Dort wurde er zwei Jahre später gefunden und konnte 2021 volle 15 Jahre Abstinenz auf Facebook feiern.
Dieser auch für sonstige Exzessverhältnisse im Rockzirkus heftige Absturz klingt nach in der Musik, die Patrick Duff auf seinen Soloalben gespielt hat. Angenehm unspektakuläre, abgeklärte und von einer befreiend wirkenden Selbstironie gefärbte Songs sind da zu hören. Das erste, „Luxury Problems“, erschien 2005 und ist noch mit der Soundästhetik von Strangelove verbunden. Von da an verwandelte Patrick Duff sich Schritt für Schritt in einen Singer-Songwriter, der so etwas wie ein Nick Drake für die mit ihm altgewordenen Britpop-Kiddies von damals werden will. Was als Kompliment gemeint ist. Je spartanischer diese Songs arrangiert sind, desto schöner werden sie. Eines seiner besten Alben ist dementsprechend „Leaving my Father’s House“, das von sanften Syd-Barrett-Vibes durchweht wird und in einer Songzeile Gestus, Antrieb und Versprechen des Spätwerks simpel und direkt, wie eigentlich immer in dieser Musik, zusammenfasst: „I do my best to live my life / And I rise above the pain.“
Das alles ist, wie gesagt, musikalisch nicht weltbewegend, in seiner Einfachheit und Konstanz aber sehr anrührend. Und es ist schön zu wissen und zu sehen, wie hier einer nach einem radikal durchgezogenen Totalabsturz weitermachen konnte und einfach weitermacht und offensichtlich seinen Frieden gefunden hat.
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