berliner szenen
: Gutes Auto, gutes Geschäft

Fällt euch was auf?“, fragt unser Tourguide und lässt seine Augen über den Parkplatz des „Dong Xuan Centers“ schweifen. „Viele Mercedessterne.“ „Mercedes. Audi. BMW. Das Auto ist Teil der vietnamesischen Visitenkarte. Die vietnamesische Denkweise lautet nämlich: ‚Der Selbstständige fährt ein gutes Auto, folglich muss sein Geschäft gut laufen.‘ Auch in Vietnam, wo Neuwagen weltweit am höchsten besteuert werden, kaufen die Leute teure Autos. Das ist auch immer die erste Frage an Geschäftspartner: ‚Wo steht dein Auto?‘“

Der Tourguide guckt uns an: „Ich habe kein Auto, also lüge ich und sage, ich hätte weiter weg geparkt.“ Er bewegt den Kopf in Richtung eines Plakats von „TCC Baumanagement“, auf Vietnamesisch verfasst: „Kommen wir zum nächsten vietnamesischen Traum. Ein eigenes Haus. Vietnamesen sind dafür bekannt, viel und hart zu arbeiten. Also sparen sie auf ein Haus. Und wenn schon kein Haus, dann wenigstens eine Eigentumswohnung. Die hiesigen Baufirmen erkannten das Geschäftspotenzial. Das Problem war jedoch: Kein Mensch sprach Vietnamesisch, und viele Vietnamesen sprechen bis heute kaum Deutsch. Als Vertragsarbeiter brauchten sie es nicht. Drei Wochen Sprachkurs und ab in die Fabrik. Und nach DDR-Ende machten sich die meisten selbstständig, arbeiteten von früh bis spät und lernten es auch nicht. Also mussten vietnamesische Vertriebler her.

Und dann, mit Auto und Haus, bleibt entsprechend den kollektiven Glaubenssätzen meiner Elterngeneration nur noch eine Frage offen: ‚Wann heiratest du? Heirat ist wichtig für Außenrepräsentation!‘ Meine Mutter fragt ständig. Manchmal reicht’s mir und ich sage zu ihr: „Kannst du mich nicht mal fragen, ob ich glücklich bin?!“ Dann antwortet sie mir: ‚Das werde ich dich erst fragen, wenn du Kinder hast.‘“ Marielle Kreienborg