WTO spricht mit Iran
Nach vorläufigem Atomkompromiss Verhandlungen über Beitritt zur Welthandelsorganisation. Lamy WTO-Chef
GENF taz/afp/dpa ■ Die Welthandelsorganisation (WTO) hat die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit dem Iran beschlossen. Die WTO-Mitgliedstaaten stimmten gestern in Genf einstimmig für den Beginn der Gespräche, wie der iranische UN-Botschafter Mohammed Resa Albors mitteilte. Der Iran ist seit 1996 Kandidat für die WTO, weitere Schritte wurden aber von den USA blockiert. Die WTO-Entscheidung gilt als Geste des guten Willens nach dem Atomkompromiss zwischen Teheran und der EU am Mittwoch.
Die Aufnahme der Verhandlungen war grundsätzlich möglich geworden, nachdem die USA im März ihren Widerstand aufgegeben hatten. Die USA – die Teheran verdächtigen, nach Atomwaffen zu streben – hatten sich damit hinter die diplomatischen Bemühungen des EU-Verhandlungstrios Deutschland, Frankreich und Großbritannien gestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt strebte Washington die Befassung des UN-Sicherheitsrats und Sanktionen gegen den Iran an. Allein seit 2001 hatten sie 21-mal WTO-Beitrittsverhandlungen für den Iran verhindert.
Auf der Jahrestagung der WTO, die gestern in Genf begonnen hat, ist der ehemalige Handelskommissar der Europäischen Union, Pascal Lamy, zum neuen Chef der WTO ernannt worden. Da sich keiner der 148 Mitgliedstaaten gegen den 58-jährigen Franzosen aussprach, galt er als gewählt. Lamy, der am 1. September den zur UN-Organisation Unctad wechselnden Thailänder Supachai Panitchpakdi ablöst, ist für fünf Jahre nominiert und hatte sich zuvor gegen drei Kandidaten aus Schwellen- und Entwicklungsländern durchgesetzt.
Unter Lamys Führung wird sich die WTO möglicherweise mit zwei neuen Themen beschäftigen müssen. Zum einen drohten die USA der EU am Mittwochabend im Streit um die ihrer Ansicht nach illegalen Subventionen für Airbus erneut mit einem Verfahren vor der WTO. Entsprechend äußerte sich der stellvertretende US-Handelsbeauftragte Peter Allgeier vor einem Ausschuss des Kongresses in Washington.
Zudem hat die EU-Kommission China eine letzte Frist zur Lösung des Streits um Textilexporte gesetzt. Die Brüsseler Behörde beschloss am Mittwoch Eilverhandlungen mit China zur Drosselung von Exporten im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO, falls nicht bis zum 31. Mai eine einvernehmliche Lösung gefunden wird.