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Archiv-Artikel

Leih-Opas und Lobby-Arbeiterinnen

Ehrenamtliches Engagement ist bei Menschen über 55 besonders beliebt – etwa beim Oma-Opa-Hilfsdienst

Von Tak

Der kleine Johann guckt ein wenig verschämt, während Elke T. seiner Mutter über den gemeinsamen Nachmittag berichtet. Elke T. ist die Leihoma, und Johann hat es seiner Betreuerin diesmal nicht leicht gemacht.

Anja Dewes, 36, ist dennoch zufrieden. Zwei- bis dreimal im Monat nimmt die berufstätige Mutter den Oma-Opa-Hilfsdienst in der Neustadt in Anspruch. Seit 24 Jahren vermittelt der ältere Menschen zur Kinderbetreuung. Die Leih-Großeltern kommen zu ihren „Enkeln“ nach Hause, häufig kümmern sie sich jahrelang um die Kleinen – ehrenamtlich oder gegen ein Taschengeld.

Über 200 Leih-Omis und Leih-Opas hat Elfriede Schumacher, die Gründerin des Vermittlungsservices, in ihrer Kartei, vor allem Frauen ab 50. Für ihre Initiative bekam Schumacher, die selbst älter ist als die meisten ihrer Leih-Großeltern, 1996 das Bundesverdienstkreuz.

„Viele meiner Damen haben zwar selbst Enkelkinder, aber nicht in Bremen“, sagt Schumacher: „Daher sind sie sehr glücklich über die Möglichkeit, Kinder aufwachsen zu sehen und ihnen Zeit zu schenken.“ Oft entstehe dabei eine enge, fast familiäre Bindung.

Der Oma-Opa-Hilfsdienst ist nur eine von vielen Initiativen in Bremen, in denen sich speziell ältere Menschen ehrenamtlich engagieren. Die 80 Delegierten der 1978 gegründeten Senioren-Vertretung etwa setzen sich gegenüber Politik und Verbänden für die Interessen der 132.000 BremerInnen über 60 Jahren ein. Und im Bremer Senior Service stehen 50 pensionierte Wirtschaftsfachleute jüngeren ExistenzgründerInnen kostenlos mit Rat zur Seite.

Laut einer Infratest-Studie gehören die über 55-Jährigen zu den eifrigsten Ehrenämtlern in Deutschland. In keiner anderen Altersgruppe nimmt das Engagement mehr zu. 40 Prozent der BundesbürgerInnen zwischen 56 und 65 Jahren waren im letzten Jahr ehrenamtlich aktiv, sechs Prozentpunkte mehr als noch 1999. Von den Senioren zwischen 66 und 75 Jahren ist jeder dritte freiwillig engagiert, bei den noch älteren noch fast jeder fünfte.

„Viele wünschen sich nach der Pensionierung eine sinnvolle Aufgabe, sie wollen die Gesellschaft mitgestalten und nicht als altes Eisen gelten“, weiß Heinz Janning, der Leiter der Bremer Freiwilligen-Agentur „zeitweise“. Oft sei das Ehrenamt auch ein Versuch, der Vereinsamung und der Bedeutungslosigkeit zu entfliehen, die viele Ältere nach dem Berufsleben empfänden. Zwei von fünf Menschen, die sich bei „zeitweise“ persönlich beraten lassen, sind nach seinen Angaben über 50 Jahre alt.

Dass Freiwilligen-Arbeit Arbeitsplätze gefährde, glaubt Janning nicht. Die Erfahrungen in der Umwelt- oder Frauenarbeit zeigten vielmehr, dass viele Initiativen anfängliche Ehrenämter später in reguläre Arbeitsplätze umwandeln könnten. Tak