Bär-Alarm im Trentino

Nach Braunbär-Attacken in Italien will ein Lega-Politiker das verdächtige Tier erschießen lassen

Von Clemens Schreiber

In der norditalienischen Provinz Trentino spitzt sich der Konflikt um die Braunbären zu. In nur einer Woche wurde ein Mensch von einem Bären angegriffen, zwei weitere entkamen einem Angriff knapp. Der erste Vorfall ereignete sich am 10. Juli am Bergsee in Molveno, als sich das Tier einer Schweizer Touristin und ihren drei Kindern näherte.

Am Dienstag hat dann ein Bär nahe der Gemeinde Dro einen Jogger angegriffen und an Armen, Rücken und Beinen verletzt. Nachdem dieser in ein Krankenhaus geflogen wurde, gab er zu Protokoll, dass die Bärin mindestens ein Jungtier bei sich hatte. Am Folgetag wurde ein Mountainbiker von einem Bären verfolgt, konnte diesen aber abschütteln.

Die Behörden vermuten, dass ein und dasselbe Raubtier für die drei Vorfälle verantwortlich ist: Bärin KJ1, die gerade drei Bärenjungen aufzieht. Der Landeshauptmann in Trentino, Maurizio Fugatti von der rechtspopulistischen Lega, setzte noch am Tag, an dem der Jogger verletzt wurde, ein Schreiben auf, in dem er sich für die Tötung des Raubtiers ausspricht. „Mit begründeter Gewissheit“ sei davon auszugehen, dass der Bär „derselbe ist, der schon seit einigen Wochen in der Gegend gesichtet wurde“, so Fugatti.

Italienische Tierschutzorganisationen kritisieren die geforderte Tötung der Bärin scharf. Landeshauptmann Fugatti habe nicht das Ergebnis der Ermittlungen der Forstbehörde abgewartet, „sondern wandte sofort das Gesetz der Vergeltung an und verurteilte einen nicht identifizierten Bären zum Tode“, sagte die Präsidentin des italienischen Tierschutzvereins Enpa, Carla Rocchi.

Auf Einspruch des Tierschutzverbandes Leal entschied das Trienter Verwaltungsgericht am Freitag: Solange es keinen Beweis dafür gibt, dass es sich bei der Bärin um KJ1 handelt, stellt sich das Gericht gegen die Tötung.

Schutzinstinkte gegenüber ihren Jungen können Bärenmütter auf empfundene Bedrohungen aggressiv reagieren lassen. In anderen Teilen Italiens ist es üblich, Wege zu sperren, auf denen sich zuletzt Bärenmütter mit ihren Jungen aufhielten. Im Trentino werde dieser Lösungsansatz jedoch für unmöglich gehalten, kritisiert die italienische Tierschutzorganisation LAV.

Seit dem zur Jahrtausendwende von der Politik forcierten Wiederansiedlungsprojekt „Live Ursus“ ist die Braunbär-Population im Trentino auf zwischen 100 und 120 Tiere gewachsen. Die Politik habe Maßnahmen versäumt, um eine friedliche Koexistenz zwischen Bär und Mensch zu garantieren, so der Vorwurf der Tierschutzorganisationen.