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Gericht soll Tempo machen

Verein Changing Cities klagt gegenVerkehrsverwaltung

Von Claudius Prößer

Der Geduldsfaden gerissen ist dem Verein Changing Cities nach eigener Aussage schon vor einem halben Jahr – aber jetzt ist er endgültig durch: Nachdem am 1. Februar fünf AnwohnerInnen von Berliner Hauptverkehrsstraßen in einer von Changing Cities koordinierten Aktion förmliche Anträge an den Senat gestellt hatten, dort geschützte Radstreifen anzulegen, haben die AktivistInnen nun eine Untätigkeitsklage beim Berliner Verwaltungsgericht eingereicht. Begründung: Die inzwischen von Ute Bonde (CDU) geleitete Senatsverkehrsverwaltung habe die Anträge schleifen lassen.

Konkret geht es um Abschnitte an der Leipziger Straße (Mitte), der Schönhauser Allee (Pankow), der Hermannstraße (Neukölln), der Kaiser-Friedrich-Straße (Charlottenburg-Wilmersdorf) und der Treskowallee (Lichtenberg). Obwohl diese Straßen zu Unfallschwerpunkten gehörten, fehle es dort an sicherer Infrastruktur, so die Betroffenen in ihren von einer Anwaltskanzlei aufgesetzten Anträgen.

Wie Changing Cities nun mitteilt, habe die Senatsverwaltung erst nach erneuter Fristsetzung im Mai mitgeteilt, dass sie die Prüfungen für die Hermannstraße, die Treskowallee und die Schönhauser Allee abgeschlossen habe. Erst im Juni habe sie in einem Schreiben die Situation an diesen Straßenabschnitten ausführlicher erörtert, jedoch keine rechtliche Stellungnahme abgegeben. Nachdem eine weitere Aufforderung durch die AntragstellerInnen von Ende Juni keine Ergebnisse gezeitigt hätten, sei jetzt – wie angedroht – geklagt worden.

Es sei „ein Trauerspiel“, dass der Dialog mit der Verwaltung „über die Gerichte erzwungen werden muss – und ein großes Manko für die Demokratie“, meint Paul Jäde von Changing Cities. Der Eindruck verfestige sich, „dass die Sicherheit von Radfahrenden überhaupt keine Priorität hat“. Dabei sei es schon „skandalös“, dass die Senatsverwaltung mit dem Bau sicherer Radwege weit hinter ihren Zielen liege: „Nur 10,6 statt der anvisierten 50 Kilometer wurden im ersten Halbjahr 2024 realisiert.“

Um die durch die Klage entstehenden Kosten finanzieren zu können, wirbt Changing Cities um Spenden. Der Verein erwartet, dass das Gericht die Senatsverwaltung auffordern wird, innerhalb einer bestimmten Frist eine rechtliche Stellungnahme abzugeben. In diesem Zusammenhang dürfte sich auch noch einmal klären, ob einzelne Betroffene überhaupt berechtigt sind, konkrete Anträge auf Einrichtung von Verkehrsinfrastruktur an die Verwaltung zu richten. Anfang Februar hatte die Verkehrsverwaltung dies angezweifelt: Es gebe dazu bisher keine Rechtsprechung.

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