: Amor auf Eimer
Die Woidkes geben ein Liebesinterview
Aller guten Dinge sind drei. Es ist tatsächlich erst das dritte Mal, dass der eierköpfigste Politiker Deutschlands, Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke, auf der Wahrheit-Seite erwähnt wird – und das in mehr als 30 Jahren.
Zu blass, zu unscheinbar, zu woidkesk ist das Oberhaupt der B-Burger. Als er vor Jahren endlich einmal von der Wahrheit bemerkt wurde, war auch gleich die Sorge groß, ob der Woidke nicht aussterben wird, weil eine Fortpflanzung und Reproduktion unter den Aspekten sexueller Natur auf den ersten Blick schier unmöglich erschien. Zu unsexy, zu reizlos, zu unansehnlich ist der dunkeldeutsche Runkelkopf.
Aber jeder Topf findet seinen Deckel, selbst in Brandenburg, selbst unter Sozialdemokraten, die wahrlich sehr, sehr selten Eros besitzen. Doch damit Männlein und Weiblein auch bei Sozen zusammenkommen, braucht es eine besondere Energieleistung und einen Atomkern von sprühender Sprengkraft – wie zum Beispiel Roland Kaiser: „Ehepaar Woidke: Es funkte beim Roland-Kaiser-Konzert“, meldete am Mittwoch die Dating-Agentur dpa mit Bezug auf die Friseurzeitschrift Bunte, der die Woidkes jetzt ein Interview gegeben haben.
Human touch, menschliche Seite, echtes Feeling – solche Blubberworte lieben Pressereferenten, die all die Blässe, die Unscheinbarkeit, die Woidkigkeit ihres Politchefs in ein neues Scheinwerferlicht getaucht sehen wollen. Mit der sonst im Dunkel existierenden Gattin an der Seite, die vor Wahlen die sehnsüchtigen Blicke der weiblichen Leser- und Wählerschaft auf den beinah unsichtbaren Sozialdemokraten ziehen soll. Der langweilige Apparatschik als buntes Liebeswesen – ein romantisches Träumchen.
Das auch schnell zerplatzt, sobald die Woidkes den Mund aufmachen. „Es war eine nachhaltige Begegnung“, sagt Susanne Woidke im besten SPD-Sprech und konterkariert mit dem modischen Politschaumwort „nachhaltig“ den steifen Versuch ihres Mannes, Rosenromantik ins Spiel zu bringen: „Wir sind uns bei einem Konzert von Roland Kaiser im Rosengarten in unserer Heimatstadt Forst begegnet“, leiert der Förster im Liebesgarten, wie auswendig gelernt, den entscheidenden Satz herunter.
Wenn ein grauer Langweiler süßlich wird und das angeschlossene Ehegespons die tiefere Wahrheit durchblicken lässt: Die beiden passen zusammen wie Amor auf Eimer.
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