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Archiv-Artikel

Neue Krise? Heureka!

Ein Scharmützel an einem sonst so schönen Tag: Die Parteien der großen Koalition lieferten sich einen Schlagabtausch in Sachen Farbvandalismus

Von sgi

bremen taz ■ Oh, wie klang das aufregend. „SPD-Fraktion: Bürgermeister Röwekamp doppelzüngig“ schrie es aus dem Fax und aus der Mailbox, und das ausgerechnet am vergangenen Freitag, als ganz Bremen unter der ersten Hitze ächzte, schwitzte und an gar nichts dachte, zumindest nicht ans Nachrichtenproduzieren. Durchgewärmte RedakteurInnen erwachten aus siesta-gleicher Glasäugigkeit – die nächste Koalitionskrise? Heureka!

Ach ja, der Anlass der linken Empörung ist ein Thema, das die Gemüter immer aufregt: Farbvandalismus. Manche sagen auch Graffiti dazu. Dazu wiederum sagen manche auch Kunst, und das ist auf keinen Fall Farbvandalismus – es ist somit ein Sujet, das Stimmung macht. Prima.

Den ersten Schlag also tat die SPD: Während der Senat samt seinem CDU-Innensenator Röwekamp just ein Ortsgesetz gegen illegale Graffitis an öffentlichen Gebäuden beschlossen habe, habe der Bürgermeister Röwekamp – in Personalunion Innensenator – für die CDU angekündigt, eine in dieselbe Richtung gehende Verschärfung des Strafgesetzbuches im Bundesrat abzulehnen. Sauerei. Es äußerten sich empört: SPD-Innenpolitiker Hermann Kleen („Parteipolitische Räson geht bei Thomas Röwekamp vor inhaltliche Überzeugung“) und SPD-Rechtspolitiker Wolfgang Grotheer („nicht nachvollziehbar“). Dass ein solches Verhalten aus graffiti-feindlicher CDU-Sicht irgendwie wenig Sinn macht, dämmerte zwar im Hinterkopf – aber egal, die Herren werden wissen, was sie tun.

Prompt kam dann das Dementi. Er sei „äußerst befremdet“, so Senator Röwekamp per Pressemitteilung: „Ich habe mich überhaupt nicht in der von der SPD unterstellten Weise geäußert.“ Abwegig und unbegründet seien die SPD-Unterstellungen auch deshalb, weil „im Bundesrat noch keine Beschlussvorlage der rot-grünen Bundesregierung gegen Farbvandalismus vorliegt.“ Wenn einer dagegen vorgehen wollte, sei das bisher immer die CDU gewesen, die von links blockiert worden sei. Auch das Bremer Gesetz sei erst auf Drängen der CDU zustande gekommen. Die Bundesregierung werde „nicht mehr viel zustande“ bringen, so Röwekamp, umso besser, dass es nun ein bremisches Gesetz gibt dort, wo Bundesrecht – noch – nicht hinreicht. Der Senator zu alledem süffisant: „Eine insgesamt merkwürdige Art der SPD, ihre Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf zu signalisieren.“

Dann kam noch die CDU-Fraktion und beschwerte sich über die „unzulässige Falschdarstellung“ der SPD.

Und dann? Kam nichts mehr. Ein Irrtum offenbar. Irgendwer hat da irgendwas falsch verstanden. Am Abend dräute ein Verdacht: Das war ein großkoalitionärer Wachhalter. Ein Spaß. Mit Hintersinn. Von ganz oben. Damit die andern in Ruhe den großen Zeh in die kleine Weser tunken konnten. Sowas. sgi