: Sieg der Selbstverliebten
Team der Woche: Die A-Junioren von Tennis Borussia hatten sich bis ins DFB-Pokalfinale vorgekämpft. Dort verloren sie gegen Schalke 04 mit 1:3
Mit stolz geschwellter Brust setzte sich Peter Antony ans Pult des Presseraums im Friedrich-Ludwig-Jahn-Stadions und sprach von einem der größten sportlichen Erfolge in der jüngeren Vereinsgeschichte. Antony ist Vorstandsvorsitzender von Tennis Borussia Berlin, jenem von den schwindligen Manövern der Investmentberater „Göttinger Gruppe“ bis zur Insolvenz heruntergewirtschafteten Fußballclub, der im Niemandsland der Oberliga angekommen ist. Was ist passiert, dass der Chef plötzlich so stolz auf seinen Verein ist?
Tennis Borussia stand im Finale des DFB-Pokals. Nicht die Herrenmannschaft; die A-Jugend hatte sich für das Endspiel um den Juniorenpokal qualifiziert. Der ganz große Coup ist den Berlinern allerdings nicht gelungen. Gegen die favorisierten Jungs vom FC Schalke 04 haben sie am Freitagabend mit 1:3 verloren. Dennoch ist die Jugend der Stolz des Vereins. Der einzige. Viel Geld kann der Club aus Charlottenburg nach Beendigung des Insolvenzverfahrens immer noch nicht in seine erste Mannschaft stecken. Spieler aus den Jugendmannschaften müssen möglichst schnell integriert werden in das Oberligateam. Nachdem sich die A-Jugend nun für das DFB-Pokalfinale qualifiziert hat, wissen die Verantwortlichen, dass ein ganz gelungener Jahrgang vor der Tür steht. Zwölf Spieler überschreiten die Altersgrenze von 18 Jahren und bieten sich zur Weiterbeschäftigung an.
Alle werden sicher nicht unterkommen in der ersten Mannschaft. Zudem besteht die Gefahr, dass die Besten von ihnen abgeworben werden von Regionalligaclubs, die den jungen Männern ein paar Scheine auf den Tisch legen. Vielleicht gelingt es dennoch, eine junge Mannschaft zusammenzustellen, die das Zeug hat, gegen den FC Union, der nächstes Jahr auch wieder in der Oberliga spielen wird, um den Aufstieg in die Regionalliga mitspielen zu können. Denn da, so sieht es Vorstand Antony, gehört ein Verein wie Tennis Borussia einfach hin.
Die Spieler waren nach der Niederlage bei schwül-heißen Temperaturen am Freitagnachmittag noch nicht in der Lage, von einem Erfolg für den Verein zu sprechen. Sie waren niedergeschlagen. Tennis Borussia spielt zwar in der A-Junioren-Bundesliga, ist dort aber nur mäßig erfolgreich. Sogar der Abstieg ist noch immer ein Thema. Da ist ein Spiel im großen Jahn-Stadion vor 3.000 Zuschauern, vor DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder, etwas ganz Besonderes.
Bis zur 66. Minute haben die Berliner nach dem Treffer von Julian Prochnow aus der 17. Minute mit 1:0 geführt. Doch dann ging alles ganz schnell. Ein Doppelschlag des Schalkers Tolga Öztürk brachte die Favoriten in Führung. Dann fiel noch ein Tor für Schalke. Und die Jungs aus den Ruhrgebiet ließen sich von 2.500 blau-weißen Fans, die das Spiel zum Einsingen auf das große Finale am Samstag im Olympiastadion nutzten, feiern wie die ganz Großen.
Schalke-Manager Rudi Assauer schob seinen Körper über das Spielfeld, um seinen Jungs zu gratulieren. Er dürfte ziemlich stolz auf sie sein. Denn da wachsen nicht nur gute Fußballer heran in seiner Jugendabteilung, nein, auch gestandene Machos werden produziert. Selbstverliebt streichelten sich die Buben über ihre straffen Bäuche und schrien ihren Jubel begeleitet von martialischen Gesten in Richtung Fans.
Derweil kauerten die Berliner Buben auf den Rasen und konnten nicht fassen, was passiert war. „Hey, wir hätten gewinnen können“, meinte Torschütze Prochnow und trat gegen eine Wasserflasche. Auch Vereinsboss Antony merkte an, dass man nah dran gewesen sei am Sieg.
Doch es hatte nicht sollen sein. Immerhin: Tennis Borussia hat ein Lebenszeichen von sich gegeben. ANDREAS RÜTTENAUER