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Wenn ein Lied der Liebe zurückerobert wird

Während der Kieler Woche ist die gesamte Innenstadt eine Partymeile. Irgendwo wird auch gesegelt, aber das stört die meisten Be­su­che­r:in­nen nicht. An diesem Abend hielt sich der Trubel in Grenzen, vermutlich weil parallel ein Fußballspiel lief. Auf einer der vielen Bühnen, die in der Stadt verteilt sind, legte ein mittelalter weißer Mann Partypop auf, davor tanzte ein gemischtes Publikum: Ältere, Jüngere, Biodeutsche und ausländisch gelesene Personen. Wenn jetzt der DJ bloß nicht dieses Lied – verdammt, genau das tat er: Über den Platz dröhnte „L’Amour toujours“, zu dem seit Monaten rechte Idio­t:in­nen einen blöden Text gröhlen.

Mehrere Leute verließen den Platz vor der Bühne, aber einige tanzten ungerührt weiter. Dazu gehörte ein Schwarzer Mann, der jetzt viel Platz vor der Bühne hatte. Nach einem Moment griff er einen dunkelhaarigen Mann mit Strohhut an der Schulter und zog ihn auf die Tanzfläche. Gemeinsam tanzten beide, filmten sich mit ihren Smartphones und hatten richtig Spaß.

Vielleicht ist es an der Zeit, das Lied zurückzuerobern und eine neue Zeile zu singen: Deutschland den Strohhüten, Arschlöcher raus.

Kiel

249.000 Ein­wohner*innen.

Kiels Bevölkerung wächst während der Kieler Woche deutlich: 3 bis 4 Millionen Besucher:innen sind während der Festwoche in der Ostseestadt unterwegs. Kern der Woche ist eine Segelregatta, die seit Ende des 19. Jahrhunderts jährlich ausgetragen wird.

Esther Geißlinger

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