: Reisemangel Zwischenmenschliches
Bei Erlebnisreisen mit Kanu oder Rad ist das Problem nicht die kaputte Klimaanlage. Sie leben davon, dass die Gruppen-Chemie stimmt. Ein Interview mit Christoph Böckermann, Geschäftsführer bei „Sausewind“
taz: Was muss ein Reiseleiter können?
Christoph Böckermann: Ein Profi muss neutral bleiben und darf sich nicht auf etwas Persönliches einlassen. Er muss wissen, wie er mit Gefühlen wie Neid, Missgunst oder auch Liebe umgeht. Wenn ihm das nicht gelingt, dann ist er oder sie angehalten, sich bei uns im Büro zu melden, damit wir helfen und gegebenenfalls vermitteln können.
Kommt so etwas oft vor?
Ja, immer wieder. Meistens geht es vordergründig um Beschwerden über Unterkünfte oder Verpflegung. Man merkt dann schnell, dass es eigentlich um andere Sachen geht, etwa um unerwiderte Gefühle oder Antipathien. Gerade dann muss man sich aber um Klärung bemühen und darf die Situation nicht weiter eskalieren lassen.
Und wenn es doch zu einer Reisemängelklage kommt?
Schwierig. So etwas kann man juristisch gar nicht klären. Kein Richter hat richtig Spaß, wenn das im Zwischenmenschlichen landet.
Gibt es Voraussetzungen, die Stress vermeiden?
Bei größeren Gruppen ist es leichter, das Klima in der Balance zu halten, weil die Leute nicht so sehr aufeinander angewiesen sind und sich auch mal aus dem Weg gehen können. Auch bei kürzeren Reisen gibt es meistens keine Probleme. Schwierig wird es ab 8 Tagen, dann brechen Konflikte auf. Problematisch wird es übrigens vor allem in den Schulferien.
In welchem Fall würden Sie jemanden nach Hause schicken?
Es darf eigentlich nicht sein, dass jemand allein nach Hause fährt. Wenn, dann müsste er oder sie jemanden belästigt oder gar die Gruppe gefährdet haben, so dass der Ablauf der Reise richtig gestört ist. In jedem Fall müsste man nach vorheriger Abmahnung offiziell den Reisevertrag kündigen.
Wie können Reisende böse Überraschungen vermeiden?
Die Firma sollte eine gewisse Lebensdauer haben, also schon ein paar Jahre existieren. Wir vermitteln auf Wunsch auch immer Kontakt zu Leuten, die uns schon länger kennen oder eine Reise mitgemacht haben. Man kann auch im Internet suchen, in Foren, ob sich da jemand positiv oder negativ über einen Veranstalter äußert. Allerdings kann man das schlecht pauschal sagen. Das Risiko für beide Seiten bleibt, dass es zwischenmenschlich nicht funktioniert. Fragen: Eiken Bruhn