piwik no script img

Mit Techno aufgebohrt

Das ukrainische Quintett DZ’OB kommt nach Deutschland

Von Katja Kollmann

Techno umarmt Freejazz. Jazz kommuniziert mit Romantik. Ein Geigen-Sprung genügt, um musikalisch Epochen und Stile zu überwinden. Alles existiert gleichzeitig in der Single „Six Ate the Avalanches in the Rye“, frei übersetzt: Wie sechs Leute die Lawinen im Roggen aufgegessen haben. Die Band DZ’OB besteht aus fünf Künstler:innen. Vasyl und Oleksi Starshinov, Iryna Li, Olesksi Badin und Andrii Yarvyl spielen seit 2014 bereits zusammen. In der Ukraine genießen DZ’OB längst Kultstatus. Die drei Alben der Band aus Dnipro landeten in den Charts, obwohl das Genre, dem die eigenwilligen Kompositionen des Quintetts zugerechnet werden, alles andere als massentauglich ist: Avantgarde.

Geige, Fagott, Klarinette, Cello, Schlagzeug und Elektronik nutzen DZ’OB zur Kreation ihres Sounds. Er klingt mal anschaulich, mal ist er schwer zu kategorisieren. Das zeigt die neue Single, die in knapp viereinhalb Minuten gleich mehrere 180-Grad-Wendungen hinlegt. Die Stilbrüche von „Six Ate the Avalanches in the Rye“ kommen sehr charmant rüber, denn aufgebaut ist die Musik als Miniatursinfonie. Von der ruhigen, von Geige und Blasinstrumenten dominierten Ouvertüre geht es über zum Techno-gestützten Free-Jazz-dominierten Teil, in dem alle Instrumente aufdrehen. Federleicht ist die Überleitung in den scheinbar analogen Part, in dem Iryna Li und Oleksi­ Badin ihre Streich­instrumente liebkosen, als wären wir in einem Salon Anfang des 19. Jahrhunderts.

Gegen Ende wird das Techno-Jazz-Motiv wiederaufgenommen, bevor alle Instrumente im Largo-Rhythmus harmonisch in die Zielgerade einfahren. Die Quintett-Komposition wird begleitet von verhaltener Noise-Musik. Extrem spannend ist der fliehende Geigenstrich der Ouvertüre. Oder, dass ein Fagott, wenn es möchte, wie ein Saxophon klingen kann. Und die Klarinette sirenenartige Töne ausspuckt. Überraschungen am laufenden Band sind in diese viereinhalb Minuten eingewoben. Will man die Musik auch visuell erleben, landet man bei einem Video, in dem die fünf ihre Single in der barocken Orgelhalle von Lwiw performen. Da geht die Post ab. Demnächst kommt die Band nach Deutschland. Bis es so weit ist, kann man sich das Bild von den „Lawinenfressern im Roggen“ ganz entspannt durch den Kopf gehen lassen und sich dabei noch mehr DZ’OB-Songs reinziehen.

DZ’OB: „Six Ate the Avalanches in the Rye“

Live: 6. 4. „Hotel Continental“ Berlin, 13. 4. „Schlachthof“ Bremen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen