piwik no script img

Digital wäre besser

In Schleswig gehen die Uhren anders – gar nicht

Kreuzberger Nächte sind lang? Schleswiger erst! In der kleinen weltvergessenen Stadt irgendwo vor dem Bindestrich zu Holstein haben Gläubige etwas, von dem Kreuzberger und andere Großstädter viel zu wenig haben: Zeit. Schuld ist die Domuhr, die nach einem alkoholbedingten Absturz eines Zeigers „vor gut zwei Monaten“ – so die Schätzung des Evangelischen Pressedienstes am Donnerstag – völlig still steht. Wobei: Es handelte sich zwar nur um einen Zeiger, aber um vier Uhren. An jeder Turmseite eine, und alle stehen sie still. Was steckt dahinter?, fragen sich Zeitzeugen, die sich schon länger über die zeitlose Mode, die dehnbaren Arbeitszeiten – Stichwort Gleitzeit – und das Wiederaufleben städtischen Gammlertums rund um den Schleswiger Dom wundern. Die Antwort liefert Dombaumeister Felix Seibert, der auf der Suche nach der verlorenen Zeit auch nicht mehr weiß: „Mit verschiedenen Experten suchen wir noch nach einer sicheren Befestigungslösung für alle Zeiger.“ Bis dahin bleibe die Uhrenanlage außer Betrieb. In Schleswig bleibt die Zeit stehen! Wie eigentlich seit Jahrhunderten im Land zwischen den Meeren. Die Frage, wie lange noch, lässt sich so leicht nicht klären. Vielleicht für immer. Es sei denn, es käme eine Digitaluhr. Da fällt dann auch kein Zeiger ab.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen