: „Kaufen Sie sich nichts mehr mit Verbrennung“
Hannover gehört zu den ersten Kommunen, die ihren lokalen Wärmeplan vorgelegt haben. Was das bedeutet, erklärt die Chefin der Klimaschutzagentur Anja Floetenmeyer-Woltmann
Interview Nadine Conti
taz: Frau Floetenmeyer-Woltmann, Hannover hat den kommunalen Wärmeplan fertig und eingereicht. Was heißt das für den normalen Bürger?
Anja Floetenmeyer-Woltmann:Also für Hannoveranerinnen und Hannoveraner heißt das erst einmal, dass sie ein bisschen stolz sein dürfen. Hannover ist Vorreiter und als erste Kommune in Niedersachsen damit fertig geworden, wobei der Plan jetzt natürlich noch öffentlich ausgelegt, von den Stadtbezirksräten beraten und letztlich vom Rat beschlossen wird. Bundesweit hat Hannover damit viele abgehängt, auch München und andere Großstädte. Das liegt natürlich auch daran, dass Hannover insgesamt sehr gute politische Beschlüsse zur Klimaneutralität hat und eine Verwaltung, der dieses Thema wichtig ist.
Und rein praktisch?
Praktisch ist das ein Schritt hin zu mehr Planungssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Unternehmerinnen und Unternehmer, die in dieser Stadt ein Gebäude haben, das beheizt werden muss. Man kann nun schauen: In welchen Gebieten kann ich was erwarten und in welche Richtung muss ich dann mein Gebäude entwickeln.
Trotzdem hat man den Eindruck, jeder, der jetzt akut in der Situation ist, entscheiden zu müssen, was baue ich mir für eine Heizungsanlage ein, ist nicht gerade zu beneiden. Oder ist der Eindruck falsch?
Die wichtigste Botschaft ist: Kaufen Sie sich nichts mehr mit Verbrennung. Sie werden das bereuen. Das ist nicht die Zukunft, sondern das wird teuer werden, und das gilt für Mobilität ganz genauso wie fürs Heizen und für fürs Kochen. Grundsätzlich ist so etwas natürlich erst einmal ein größeres Projekt, das man im Leben ja auch nicht allzu häufig angeht. Und wenn man so etwas zum ersten Mal macht, fehlen einem natürlich die Routinen, das geht nicht im Autopiloten-Modus. Aber dafür gibt es ja Beratungsangebote, zum Beispiel bei uns, in der Klimaschutzagentur. Wir nehmen die Leute an die Hand und zeigen Schritt für Schritt, wie es gehen kann.
Und was man gefördert bekommt?
Das ist häufig die erste Frage, aber mit der macht man schon den zweiten Schritt vor dem ersten. Erst einmal muss ich schauen, was ich brauche. Dazu muss ich eine Bestandsaufnahme machen, wissen, wie mein Haus aufgestellt ist. Erst dann kann ich planen. Da muss man sich auch mit Dingen beschäftigen, die nicht so sexy sind wie Solaranlagen und Wärmepumpen: Dämmen zum Beispiel. Das ist ein Thema, das total unterschätzt wird.
Was hat das mit dem kommunalen Wärmeplan zu tun?
Dass man sein Haus gut vorbereiten kann, auf das, was dann kommt. In manchen Bereichen ist ja klar, dass es über kurz oder lang eine Fern- oder Nahwärmeversorgung geben wird, da ist dann der Energielieferant zuständig, hier in Hannover oft Enercity. Die bieten oft auch schon Interimslösungen an, bis die Leitung zum Haus tatsächlich gelegt ist.
Wer in einem solchen Gebiet lebt, ist also fein raus?
Auch da sollte man schauen, wie man den Wärmeverbrauch reduzieren kann. Und in den Gebieten, wo eine dezentrale Wärmeversorgung angesagt ist, muss man sich darum kümmern, was dann die wirtschaftlichste Lösung ist. Das wird in vielen Fällen eine Wärmepumpe sein. Für die von der Bundesregierung ja auch eine sehr gute Förderung aufgelegt worden ist.
Unabhängig vom Einkommen?
Es gibt verschiedene Komponenten. Wir haben 30 Prozent Grundförderung auf eine Maximalsumme von 30.000 Euro. Für Menschen, die weniger als 40.000 Euro Einkommen im Jahr haben, gibt es einen weiteren einkommensabhängigen Bonus. Und wer jetzt schnell handelt, kriegt auch noch einen Geschwindigkeitsbonus bis Ende 2028, zum Beispiel für den Austausch von Öl-, Kohle- oder Nachtspeicherheizungen und Gasheizungen, die schon 20 Jahre alt sind. Alles zusammen genommen kommt man da am Ende auf eine Förderung von bis zu 70 Prozent.
Trotzdem sind das erst einmal mächtige Summen, mit denen da hantiert wird. Für Menschen, die eine knappe Rente bekommen oder ihre Immobilie noch gar nicht abbezahlt haben, kann das schwer aufzubringen sein.
Auch dafür gibt es Lösungen. Es gibt zum Beispiel günstige KfW-Kredite. Oder die Möglichkeit Wärmepumpen zu leasen statt sie zu kaufen. Für hochbetagte Menschen oder Immobilienbesitzer*innen, bei denen es um sehr komplexe Projekte geht, bieten wir auch immer noch eine Eins-zu-Eins-Beratung an, gemeinsam mit der Verbraucherzentrale. Aber die meisten brauchen das gar nicht.
Was brauchen die dann?
Anja Floetenmeyer-Woltmann 51, kommt aus der PR und war für den Medienkonzern Madsack tätig. Seit 2022 ist sie Geschäftsführerin der Klimaschutzagentur Hannover, einer gemeinnützigen GmbH, die vor allem von Stadt und Region getragen wird.
Wir bieten Wissensvermittlung zu den einzelnen Themen, live und in Präsenzveranstaltungen, wir veranstalten Online-Beratungsformate in Kleingruppen, sodass die Leute ihre spezifischen Fragen stellen können. Damit entlasten wir übrigens auch das Handwerk und den Fachhandel. Die können viele dieser Fragen natürlich auch super beantworten, aber wenn die Leute zu uns kommen, haben sie eine neutrale Beratung vorweg, sehen klarer, was sie brauchen, können Angebote einholen und vergleichen – und das Handwerk muss nicht jedes Mal bei Adam und Eva anfangen.
Aber was die Förderung angeht, gibt es auch Fragezeichen, insbesondere vor dem Hintergrund der Haushaltsdebatte auf Bundesebene. Wie stabil ist das denn?
Also, die Wärmepumpen sind erst mal gut gefördert. Das ist eine gute Förderkulisse, wo wir auch dazu raten, das jetzt zu nutzen, damit man sich nicht in ein paar Jahren ärgert und sagt: Hätte ich mal!
Also, Sie sind sich nicht so sicher, wie lange das noch in dem Ausmaß gefördert wird?
Ich bin nicht gut darin, in die Zukunft zu gucken, das ist auch gar nicht mein Job. Also, ich denke, es ist angekommen, dass es wichtig ist, die Bürgerinnen und Bürger gut mitzunehmen, daher sind jetzt wirklich gute Förderungen vereinbart worden, und ich bin sicher, dass die unter der Ampelregierung auch so bleiben.
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