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Wenn das mit Norden und Süden nicht so einfach ist

Auf dem Weg zur Arbeit sitze ich in der S46 in Richtung Berlin-Westend. Ich bin müde. Es ist kurz vor 9 Uhr am Morgen. Neben mir im Fahrradabteil sitzen drei Schülerinnen, etwa 14 Jahre alt. Aufgeregt und viel zu energiegeladen unterhalten sie sich. So halb höre ich ihnen zu.

Auf Höhe der Station Hermannstraße in Neukölln entbrennt auf einmal eine hitzige Debatte über Himmelsrichtungen. „Wir fahren grad Richtung Westen, ey“, sagt eine und zeigt nach links in die Fahrtrichtung. „Hä nee, Nordwesten“, sagt eine andere, „das ist da!“, und zeigt schräg links durch das gegenüberliegende Fenster. „Warte! Warte! Ich hab da so’ne App“, wirft die Dritte ein und öffnet den vorinstallierten Kompass ihres iPhones. Die anderen beiden wirken erstaunt. „Da ist Norden“, zeigt die mit der App richtig.

Berlin-Neukölln

164.800 Ein­wohner*innen.

Zur Orientierung: Auf der Karte findet sich der Ortsteil, historisches Westberlin, im Osten der Stadt, er wird zur Unterscheidung vom gleichnamigen Bezirk auch als Nord-Neukölln bezeichnet, liegt aber trotzdem im Süden Berlins.

Von den gegenüberliegenden Sitzen ruft plötzlich eine vierte Schülerin: „Ich hab’ne Kompass-App, ich bin was Besseres!“ Die ungefragte Zwischenruferin wird von den dreien aber keines Blickes gewürdigt. „Da ist Norden“, wiederholt die Dritte ungerührt. „Und da ist dann Westen“, sagt die Erste. Und zeigt in die gegenüberliegende Richtung dessen, wo laut Kompass-App eben noch Norden war. Nächste Station: Südkreuz. Luise Bartsch

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