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Archiv-Artikel

„frau!“ merkel von FRITZ ECKENGA

Hat eigentlich schon irgendjemand auf die sensationelle Tatsache hingewiesen, dass Angela Merkel eine Frau ist?

Müssten nicht unbedingt und schleunigst mal drei- bis viertausend Leitartikel verfasst werden, in denen die Ernennung einer Frau zur Kanzlerkandidatin als Schreibunterlage dient für großflächige Betrachtungen über geschlechtsspezifische Besonderheiten der Frau als Qualitätsmerkmal für die Ausübung einer Leitungsfunktion im Allgemeinen und Besonderen?

Sollten politische Journalisten nicht endlich ihren Job ernst nehmen und die aktuellen Veränderungen im äußeren Erscheinungsbild von Frau Merkel detailliert aufarbeiten? Und zwar sowohl in Bezug auf Kleidungs-, Kosmetik- und Frisurangelegenheiten als auch im Bereich des körpersprachlichen Gesamtausdrucks? Und wenn sie es schon nicht selber tun, könnten die zahlreichen, hochtalentierten Comedy- und Kabarettautoren nicht wenigstens ein paar dressierte Papageien bezahlen, damit endlich mal Angela-Merkel-Witze erzählt werden? Also irgendwas, in dem der Komplex Frau/Frisur/Kosmetik/Kleidung zum Brüllen komisch auf den Punkt gebracht wird?

Das kann doch alles nicht so schwierig sein. Ich will endlich mal was anderes lesen, hören und sehen.

Der bisher im Rahmen der Merkel’schen Kandidatur gebotene Stoff wird langsam, aber sicher unerträglich langweilig. Immer nur die ewiggleichen, knochentrockenen Analysen des umfangreichen Wahlprogrammes der Christlich Demokratischen Union Deutschlands. Wieder und wieder werden dieselben ellenlangen Auseinandersetzungen mit den hochkomplizierten Unionsvorschlägen zur Finanzierung der Gesundheitsreform, der Steuerreform, der Arbeitsmarktreform und natürlich der Reform des Staatswesens im Ganzen heruntergebetet.

Frau Merkel hat nach ihrer Kandidatinnenkür mehrfach gesagt, sie wolle diesem Land dienen. Das kann man doch einfach mal so stehen lassen. Dazu muss man doch nicht anschließend tonnenschwere Traktate verfassen, die diesen Satz auf seine inhaltliche Substanz hin untersuchen. Da reicht es doch völlig, wenn man einmal sagt, dass Frau Merkel gesagt hat, sie wolle diesem Land dienen. Anschließend weiß jeder, der einen Satz Ohren am Kopf hat, dass Deutschland von Frau Merkel bedient wird, sobald sie dazu Gelegenheit hat. Fertig.

Und dann hat man reichlich Platz, um sich raumfordernd mit der viel interessanteren Tatsache zu beschäftigen, dass Frau Merkel eine Frau ist, eine Frisur hat, Kleidung trägt und sich tatsächlich schminkt – um nur mal vier Beispiele für professionellen Journalismus beziehungsweise Comedy beziehungsweise Kabarett zu nennen.

Noch mal: Was ich will, ist eine ausführliche und unterhaltsame Beschreibung von Frau Merkel als Angehörige ihres Geschlechtes, mit dem besonderen Augenmerk auf ihre Erscheinungsform. Das ist nicht zuletzt ein Gebot der Gleichberechtigung. Schließlich war bei der jahrelangen Schwerpunktberichterstattung über den jetzigen Amtsinhaber ein besonderes Qualitätsmerkmal immer auch der Hinweis darauf, dass er ein Mann ist, Haare hat und Anzüge trägt.