Herr der Ringe auf LSD

Als der Krieg noch kalt und der Regen sauer war: Wer 1980 Teenager war, den führte Douglas Adams’ „Per Anhalter durch die Galaxis“ durch die Pubertät. Der Kinofilm kommt 25 Jahre später – zu spät

von SEBASTIAN FRENZEL

Auf diesen Film dürften eine Menge Leute eine lange Zeit gewartet haben. Denn für die Teenager-Generation der 1980er-Jahre war Douglas Adams’ „Per Anhalter durch die Galaxis“ ein Muss. Wer die Bücher gelesen hatte, der wähnte sich einen Schritt weiter als die ignorante Umwelt, und wer sie nicht gelesen hatte, der tat gut dran, es zu verbergen. „ A Hitchhiker’s Guide to the Galaxy“ , so der lässige Originaltitel von Adams Werk, traf den Nerv der Zeit und war ein exzellenter Guide durch die Pubertät.

Mit seinem postapokalyptischen Setting passte „Per Anhalter durch die Galaxis“ vorzüglich in Gudrun-Pausewang-Haushalte. Die allwissenden Computer ließen die Eingabe von endlosen Programmierketten in den Commodore 64 ein wenig sinnvoller erscheinen, die Spinnereien von fernen Welten und Lebensformen sowie der absurde Humor machten den Provinzalltag erträglich. Adams’ Bücher waren Kult. Auf dem Schulhof munkelte man eingeweiht, sie seien wie „Herr der Ringe auf LSD“ – ohne das eine gelesen oder das andere genommen zu haben.

Ein Vierteljahrhundert später kommt nun also die Verfilmung in die Kinos. Seiner Vorlage – ursprünglich erschien „Per Anhalter“ 1978 als Radiosendung der BBC, die Buchreihe folgte – bleibt sie inhaltlich treu. Die Story beginnt auf dem Planeten Erde, genauer gesagt im südenglischen Sussex, wo der leicht verpeilte Arthur Dent (Martin Freeman, der Star der Serie „The Office“) zwischen dem Aufstehen und drei Mittagsbieren feststellen muss, dass sein Haus einer Umgehungsstraße weichen muss und dass sein Freund Ford Prefect (Mos Def) ein Alien ist. Das ist nicht weiter wild, da die Erde in zehn Minuten von dem Weltraumvolk der Vogonen gesprengt werden wird. Die planen an dieser Stelle eine intergalaktische Umgehungsstraße.

Arthur und Ford strecken also ihre Daumen raus in den weiten Himmel und werden aufgepickt: zunächst vom Vogonen-Raumschiff und später von Zaphod Beeblebrox (Sam Rockwell), dem zweiköpfigen Präsidenten der Galaxis. Ganz und gar unpräsidial hat dieser sich nicht nur die schöne Trillian (Zooey Deschanel), sondern auch das fabrikneue Raumschiff „Herz aus Gold“ unter den Nagel gerissen und ist nun unterwegs zum Planten Magrathea. Der Weg dorthin wird für die vier zu einer abenteuerlichen Reise. Nach einem Abstecher beim schrägen Missionar Humma Kavula (John Malkovich) verrät ihnen der Mega-Computer namens „Deep Thought“ schließlich die ultimative Antwort – doch da sich niemand an die Frage erinnern kann, beginnt die Suche von vorn.

Es dürfte einige Mühe gekostet haben, dem eher wirren und sequelartigen Originalstoff eine Struktur zu geben, die sich filmisch umsetzen lies; Adams selbst hat bis zu seinem frühen Tod vor vier Jahren an dem Drehbuch gearbeitet, das Karey Kirkpatrick schließlich vollendete. Zweifelsohne ist dabei eine runde und kurzweilige Story herausgekommen. Auch visuell weiß der Film zu überzeugen: statt einer Übermenge an Special-Effects werden viele Szenen mit Puppen und Kostümen bestritten; das Design und die detailgenaue Ausstattung einzelner Räume sind grandios. Dieses Gespür für starke Bilder ist sicherlich Regisseur Garth Jennings zu verdanken, der bislang Musikvideos produzierte.

Stark gestrafft wurden die gesellschaftlichen Anspielungen sowie der spezifische, „englische“ Humor des Originals in seiner Mischung aus Endzeitstimmung und Absurdität, Trash und philosophischem Augenzwinkern. Dass der Film diesen 80er-Jahre-Ballast abgeworfen hat, kommt ihm zugute, denn die restlose Vernichtung unseres Planeten scheint heute doch deutlich ferner als zu Zeiten von Kaltem Krieg und saurem Regen. Leider weiß der Film die Lücke, die durch das Wegbrechen solcher Bezüge entsteht, nicht zu füllen. Weder findet er eine eigene Art von Humor, die über Schenkelklopfen hinausginge, noch erreicht er die gesellschaftliche Brisanz des Originals – und so ganz ohne Referenz fehlt ihm letztlich auch die Relevanz. Als Anspielung an den globalen Status quo mag man einen einzigen Satz auffassen, den Präsident Beeblebrox mit seinen zwei Köpfen spricht: „Man kann nicht Präsident sein mit einem ganzen Hirn.“

„Per Anhalter durch die Galaxis“, Regie: Garth Jennings. Mit Sam Rockwell, Mos Def, Martin Freeman u. a., USA 2004, 110 Min.