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Archiv-Artikel

Die Cashcow gibt keine Milch mehr

FERNSEHKONZERN Die RTL Group fährt im ersten Halbjahr einen Nettoverlust von 62 Millionen Euro ein. Umsatz schrumpft um 10 Prozent

Gerhard Zeiler ist kein Medienmanager, der zu Übertreibungen neigt. Zu Beginn der Wirtschafts- und Medienkrise warnte der Chef der europaweiten RTL-Sendergruppe vor zu großem Optimismus, dass man schnell aus dem Schlamassel wieder herauskomme. Das ging damals manchen Branchengrößen und Wirtschaftsblättern zu weit.

Denn Zeiler verwarf kühne Prognosen, nach denen die Krise wie der Buchstabe V verlaufen werde, mit raschem Einbruch, kurzem Tal der Tränen und ebenso raschem Wiederaufstieg. Zeiler outete sich als „L“-Mann, der den Krisenverlauf als deutlich schwieriger – und langwieriger begreift. Ob es ihn wirklich freut, dass er damit richtig liegt, darf allerdings getrost bezweifelt werden. Denn die Folgen der Krise spürt er im eigenen Haus.

Der Umsatz bei Europas größter TV- und Radiokette ist im ersten Halbjahr 2009 im Vergleich zu 2008 um knapp 10 Prozent auf rund 2,6 Milliarden Euro geschrumpft. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebita) fiel sogar von 502 auf 318 Millionen Euro – das sind fast 40 Prozent. Durch Firmenwertabschreibungen bei Channel Five in Großbritannien und den erst im letzten Sommer übernommenen Sendern in Griechenland kommt sogar ein Nettoverlust von 62 Millionen Euro heraus. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 391 Millionen Euro Nettogewinn.

Das dürfte auch in Gütersloh Alarmglocken schrillen lassen. Denn die RTL-Gruppe mit ihren 45 TV-Sendern und 32 Radiokanälen in elf Ländern gehört fast komplett zu Bertelsmann, Deutschlands größtem Medienkonzern. Mehr noch: RTL ist die Melkkuh, die für den Löwenanteil der Konzerngewinne der letzten Jahre sorgte.

Vor einiger Zeit merkte Zeiler noch süffisant an, auch die beste Milchkuh müsse man zwischendurch mal füttern. Sprich: RTL braucht Raum für Investitionen und Zukäufe. Davon kann jetzt kaum noch die Rede sein. Die RTL-Gruppe reagiert vielmehr mit einem strikten Sparkurs auf die weggebrochenen Werbeeinnahmen. Noch kommen die Mitarbeiter vor allem in Deutschland verhältnismäßig glimpflich davon, bei Channel Five in London musste dagegen jedeR Vierte gehen.

Gespart wird vor allem beim Programm: Allein die deutschen RTL-Sender RTL, VOX und n-tv haben ihre Kosten im Kerngeschäft dieses Jahr bereits um 15 Prozent reduziert, in Frankreich waren es sogar 17 Prozent. Besonders stolz ist man bei RTL darauf, dass dies an den Marktanteilen kaum etwas geändert hat: In fast allen wichtigen RTL-Regionen, auch in Deutschland, sind sie sogar leicht gestiegen.

Vielleicht will der Zuschauer ja am Ende die Wiederholung? Oder, wie man bei RTL auch gerne formuliert: Populäres Programm muss ja nicht immer teuer sein.

Zeiler betonte gestern bei der Vorstellung der Halbjahreszahlen aber auch, dass RTL bei allen Sparmaßnahmen weiter in den Ausbau von Digitalkanälen, Internet-Mediatheken und Social Communities wie wer-kennt-wen.de investieren will. Auch sagte Zeiler, dass der Sparkurs fürs Stammgeschäft die Strategie für den Rest des Jahres bleibt. Schließlich soll Ende 2009 die RTL-Gruppe wieder ein positives Ergebnis ausweisen – das ist man schon der Mutter in Gütersloh schuldig. STEFFEN GRIMBERG