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Kane kann’s

Nicht nur beim FC Bayern München fragt man sich nach dem 4:2 gegen Heidenheim, wie viele Tore der unwiderstehliche Harry Kane in dieser Spielzeit wohl noch schießen wird. 21 Mal hat er in seinen 16 Pflichtspieleinsätzen nun schon getroffen

Aus München Maik Rosner

Thomas Tuchel schwärmte. „Schlau, spielfreudig, sicher am Ball, immer eine Idee und super präzise in allem, was er macht“, das waren die Worte des Bayerntrainers in seiner Lobeshymne. Was man durchaus für eine Eloge auf Harry Kane halten konnte, galt allerdings Raphaël Guerreiro. Eingewechselt worden war der ablösefreie Zugang von Borussia Dortmund, und prompt war ihm am Samstagnachmittag sein erstes Tor in seinem dritten Einsatz für den FC Bayern München gelungen.

Von einem „perfekten Comeback“ sprach Tuchel, nachdem Guerreiro seit Ende September wegen eines Muskelfaserrisses ausgefallen war. Schon zu Saisonbeginn hatte der Portugiese gefehlt, damals wegen eines Muskelbündelrisses. Guerreiro hatte mit seinem Tor zum 3:2 in der 72. Minute einen wichtigen Beitrag zu Bayerns 4:2-Sieg gegen den 1. FC Heidenheim geleistet.

Vor Guerreiros Tor hatte der Aufsteiger durch Tim Kleindienst (67.) und Jan-Niklas Beste (70.) zum allgemeinen Erstaunen ausgeglichen. Später traf noch der ebenfalls eingewechselte Eric Maxim Choupo-Moting zum Endstand (85.). Doch gesprochen wurde wieder einmal hauptsächlich über Harry Kane, dem mit seinen beiden Toren aus der Drehung zum 1:0 (14.) und per Kopf zum 2:0 (44.) das Kunststück gelungen war, bereits am elften Spieltag mehr Treffer angehäuft zu haben als die beiden Torschützenkönige der vergangenen Saison nach 34 Spieltagen. Der damalige Bremer und heutige Dortmunder Niclas Füllkrug sowie der damalige Leipziger Christopher Nkunku (jetzt Chelsea) hatten jeweils insgesamt 16 Tore erzielt. Kane steht nun bei 17 Treffern nach nicht einmal einem Drittel der Saison.

In seinen 16 Pflichtspieleinsätzen dieser Spielzeit sind es in allen Wettbewerben zusammen sogar schon 21 Tore. In einer Fernsehwerbung von 1968 hieß es, dass der Käfer „läuft und läuft und läuft“. Beim FC Bayern heißt es 55 Jahre später, dass der Kane trifft und trifft und trifft. „Er ist ein Phänomen“, hatte Torwart Manuel Neuer bereits am Mittwoch nach Kanes beiden Toren zum 2:1-Sieg gegen Galatasaray Istanbul in der Champions League gesagt.

Man könne die „außergewöhnliche Qualität“ des 30 Jahre alten Engländers an seinen Toren und Vorlagen ablesen, sagte Frank Schmidt nach seinem 600. Spiel als Heidenheims Trainer, aber vor allem daran, „wie er spielt. Überall zu sein, auch mannschaftsdienlich zu spielen, das zeichnet für mich einen absolut großen Spieler aus.“

Trotz seiner bemerkenswerten Quote hat Kane auch menschliche Züge gezeigt. Der mit insgesamt mehr als 100 Millionen Euro Ablöse teuerste Zugang der Bundesligageschichte hatte ja seinen dritten Dreierpack in der Liga hintereinander nach seinen je drei Toren beim 8:0 gegen Darmstadt und in Dortmund (4:0) gegen Heidenheim verpasst, weil er in der zweiten Halbzeit sogar auch mal Chancen vergab. „Die zwei, die ich ausgelassen habe, waren eigentlich einfacher als die zwei, die ich genutzt habe“, sagte Kane selbstkritisch, aber mit einem Schmunzeln.

Ob er bereits daran denke, Robert Lewandowskis Bundesligarekord von 41 Toren aus der Saison 2020/21 zu überbieten? „Das ist noch ein bisschen weit weg“, sagte Kane, „ich muss fokussiert bleiben, Spiel für Spiel.“ Aber wenn er im April nah dran sei, werde er versuchen, den Rekord zu erreichen, versicherte Kane.

Kane hat schon jetzt mehr Tore erzielt als die besten Torschützen der Vorsaison

Derzeit liefert er sich ein Fernduell mit Stuttgarts Angreifer Serhou Guirassy, der nach seinem Treffer an diesem Spieltag auch schon bei 15 Saisontoren steht. „Ich versuche, nicht zu viel auf andere zu schauen“, sagte Kane, „aber vielleicht treiben wir uns gegenseitig an.“

Treffer von Kane werden den Bayern gewiss helfen, im Zweikampf um den Meistertitel zwischen dem FC Bayern und Bayer Leverkusen, auf den es ja nun hinauszulaufen scheint, nachdem Borussia Dortmund nach der 1:2-Niederlage in Stuttgart doch schon recht deutlich zurückgefallen ist. Tuchel aber hält es wie Kane und will gar nicht auf andere schauen. „Für mich gibt es nur einen Einkampf, weil wir nur gegen uns selber kämpfen. Wir spielen immer gegen unser eigenes Niveau und unsere eigenen Ansprüche, der Fokus ist immer bei uns“, sagte der Bayern-Trainer, „wir müssen dafür sorgen, dass wir gewinnen und gewinnen und gewinnen.“

Solange Kane trifft und trifft und trifft stehen die Chancen dafür nicht schlecht.

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