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Archiv-Artikel

Ganz legal schwarzfahren

BesitzerInnen von BVG-Umweltkarten können zu bestimmten Zeiten kostenlos Fahrgäste mitnehmen – nur kaum jemand weiß es bisher. Die Kampagne „Für ein Recht auf Mobilität“ will das ändern. Unterstützt wird sie auch von DGB und der Diakonie

Auf dem Button sind zwei lustigen Bären zu sehen. Das größere Tier trägt das Kleinere am Rücken. Darunter steht der Schriftzug „Ich nehm dich mit!“. Buttons mit diesem Motiv tauchen in letzter Zeit häufiger bei Gästen von BVG und S-Bahn auf. Was wollen die TrägerInnen mitteilen? Wer nachfragt, erfährt: Die ButtonträgerInnen wollen anderen Fahrgästen signalisieren, dass sie im Besitz einer Umweltkarte der BVG sind – und noch MitfahrerInnen suchen.

Sie haben nämlich das Kleingedruckte auf ihrem Ticket genau studiert. Daher wissen sie, dass auf jeder Umweltkarte wochentags ab 20 Uhr, an Wochenenden und Feiertagen sogar ganztägig, neben dem Besitzer ein Erwachsener und drei Kinder kostenlos mitfahren können.

Darauf will die Kampagne „Für ein Recht auf Mobilität“ in den kommenden Wochen verstärkt hinweisen. Sie hat die Buttons mit den lustigen Bären sowie vierseitige Informationsflyer produziert. AktivistInnen verteilen sie seit Mai in der Nähe von häufig besuchten S- und U-Bahnen.

Erste Reaktionen haben deutlich gemacht, dass längst nicht alle Fahrgäste das Kleingedruckte so genau studiert haben. Manche Besucher an den Informationsständen der Initiative waren skeptisch und wollten sich bei der BVG erkundigen, ob die Informationen auch korrekt sind.

Die Sorge ist unnötig – und bei den Verkehrsbetrieben ist man über die in vergangener Zeit gehäuften Nachfragen eher verwundert. „Die Informationen auf den Flyer sind völlig richtig“, bestätigte ein Mitarbeiter des BVG-Kundenservice. Eine gesonderte Information der BVG darüber hält er nicht für nötig. Schließlich brauche man nur die Beförderungsbedingungen studieren.

Die Kampagne „Für ein Recht auf Mobilität“ versteht sich allerdings nicht als ehrenamtlichen Dienstleister der BVG, sondern als soziale Initiative, die sich für mehr Mobilitätsgerechtigkeit einsetzt. „Mobilität ist eine öffentliche Angelegenheit, die nicht der Profitlogik des Marktes überlassen werden darf“, lautet das Credo der Initiative, die vom Berliner Sozialforum, Attac Berlin und der antikapitalistischen Aktion (akab) getragen wird. Zu den Forderungen an den Senat gehört die Senkung des Preises für das Sozialticket auf zehn Euro sowie die kostenlose Mitnahme von Kindern und Fahrrädern in Bussen und Bahnen.

Dafür werden neben sozialen auch ökologische Gründe angeführt. „Die Politik muss endlich ihr Versprechen einlösen und den öffentlichen Verkehr attraktiver machen, damit Autofahrer auf Busse und Bahnen umsteigen“, meint ein Mitglied der Mobilitätskampagne. Neben diesen Forderungen propagiert die Kampagne mit der Aktion „Ich nehm’ dich mit“ eine völlig legale Möglichkeit, sich schon jetzt billig im Berliner Nahverkehr zu bewegen. Unterstützt wird die Kampagne mittlerweile auch vom Berliner DGB und der Berliner Diakonie. „Mit dieser Aktion wird einkommensschwachen Personen unmittelbar geholfen, denn sie sind nach der Preiserhöhung des Sozialtickets stark in ihrer Mobilität eingeschränkt. Deshalb begrüßen wir ausdrücklich die Aktion der Berliner Initiativen“, sagten der DGB-Bezirksvorsitzende Dieter Scholz und die Diakoniedirektorin Susanne Kahl-Passoth in einer gemeinsamen Erklärung. Peter Nowak

Das nächste Öffentlichkeitsaktion der Kampagne „Ich nehm dich mit“ findet am Samstag um 12 Uhr statt. Treffpunkt ist vor dem Eingang von Kaiser’s am Kottbuser Tor.