Licht, mehr Licht

Mit seinem Kunstprojekt „FlashBox Oldenburg“ will Mischa Kuball vor allem eines: polarisieren. Und das, so scheint es, gelingt ihm gut mit seinen stroboskopisch blinkenden Lampen: Erste Beschwerdebriefe gibt es bereits. Und vielleicht kommen die Oldenburger darüber wirklich ins Gespräch

„Ich nehme eine immaterielle Intervention vor, um Räume zu verändern.“

Licht. Mehr Licht soll ins Dunkel. Denn jetzt kommen die Strobos. Seit gestern Abend irritieren sie das gediegene Oldenburg. Stroboskopisch blinkende Lampen, drei Kilometer weit sichtbare Lichtblitze, die man sonst von Baustellen, aus der Schifffahrt, der Disco oder dem Klamottenladen kennt.

Diese hier wollen nur, dass man über sie redet. Sie wollen natürlich auch Kunst sein. Aber der Installateur, der Künstler Mischa Kuball, möchte mit seinem Projekt „FlashBox Oldenburg“ vor allem eins: polarisieren. Es haben sich auch schon genug Leute darüber aufgeregt. Empörte Bürgerinnen in Leserbriefen, skeptische Ratsherren im Umweltausschuss. Ob das denn gut gehen könne, so viele Störfaktoren in einer so ruhigen Stadt.

„Strobos“ nennt Paula von Sydow vom Edith-Ruß-Haus für Medienkunst liebevoll ihre acht Starkscheinwerfer, die vor Aluminiumfolienwänden im Museumsraum installiert sind. Weil sie so heiß werden, können immer nur vier gleichzeitig blinken. Und das auch nur vier Stunden lang. Der Gegenpol, der Alu-Zwilling, ist der Oldenburger Kunstverein, der genau so beblitzt wird. Wer einmal in die 1.500 Watt starken Halogenlampen hineinblickt, hat verloren.

Dann tanzen gelbe Punkte vor der Pupille, oder auch schwarze und blaue. Das komprimierte Licht kann nerven. Empfindliche Menschen greift es körperlich an, „strobos“, griechisch, wirbelt im Wortsinn die Seele durcheinander. Epileptiker könnte das Flimmern der Stroboskope zum Umfallen bringen. Doch der Rest ist Kunst, und die soll sich in der Innenstadt zwischen den Menschen ereignen. Paula von Sydow: „Wir haben das Labor bereit gestellt, und jetzt werden wir sehen, was passiert.“

An 72 Häusern zwischen Haaren, Schütting- und Langer Straße sind nämlich kleine Lampen angebracht worden. Niedliche schwarze Kellerlampen mit Gitter, gut abgedichtet gegen den Oldenburger Regen. Paten haben sich bereit erklärt, die Lampen zu betreuen. Noch sind nicht alle vergeben. Es stellt sich beim abendlichen Radeln durch die Fußgängerzone ein netter Effekt ein: Man sucht, an welcher Fassade das nächste Licht sitzt. „Immer schön hochgucken“, sagt Corinna Otto vom Kunstverein. „Nicht nur den Ort des Konsums wahrnehmen, sondern sehen, wo Menschen leben und arbeiten“. Licht-Touristen sollen durch die Stadt pilgern.

Irgendwie stehen diese Mini-Strobos für das menschliche Dasein. Sie sind disparat in ihrer Verteilung, aber dann, wenn sie einmal an sind, ganz und gar zuverlässig. Und das Blinken ist lebendig, und das allein erfreut. Gelungen die zwei Lampen über der Metzger-Reklame, im off-Beat getaktet. Ein Strobo im Schaufenster eines Schmuckladens wurde gar mit einer Alarmanlage verwechselt. Man darf und soll sich bei dem Ganzen ruhig auch immer wieder fragen: Was soll das eigentlich? Kommunikation ist das, was Mischa Kuball will. Wie sich moderne Künstler nun mal so ausdrücken: „Ich nehme eine immaterielle Intervention vor, um Räume zu verändern.“

Die menschlichen Interventionen bleiben dann den Nachbarn überlassen, die sich an der avantgardistischen Blinkerin von gegenüber stören könnten. Licht, mehr Licht soll also ins Dunkel der Gehirne. Wer da letzten Endes über was genau aufgeklärt werden soll, das wird sich hoffentlich noch zeigen.

Barbara Wündisch

Die Lichter sind bis zum 18.9. ganztägig in der Oldenburger Innenstadt zu sehen