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Archiv-Artikel

Vereinigt von oben, von unten gespalten

Die Funktionärsebenen von PDS und WASG haben das Linksbündnis geschmiedet, ohne die Basis zu fragen. Das könnte sich nun rächen

BERLIN taz ■ Es waren nur acht Leute, die am Donnerstagabend bis Mitternacht in Berlin zusammengesessen haben. Die Parteispitze der PDS und der Bundesvorstand der WASG haben das Linksbündnis im kleinen Kreis ausgehandelt – hinter verschlossenen Türen, in Telefonkontakt mit den designierten Vorturnern Gregor Gysi und Oskar Lafontaine. Die Basis hingegen blieb draußen.

Erst am Wochenende bekommt das Fußvolk der Parteien die Details der Einigung auf ein Bündnis präsentiert, das PDS-Wahlkampfchef Bodo Ramelow nüchtern eine „politische Plattform“, WASG-Bundesvorstand Klaus Ernst dagegen ein „neues großes Projekt“ nennt. Konkret verständigt haben sich die Parteien bislang allerdings erst auf drei Punkte: Die PDS öffnet ihre Liste für WASG-Kandidaten, sie ändert dafür ihren Namen, und in zwei Jahren soll die deutsche Linke endgültig vereint sein.

Ausgeklammert haben die Verhandlungsführer von PDS und WASG die strittige Frage des gemeinsamen Namens. Der soll erst in der kommenden Woche gefunden werden, nachdem der Parteivorstand der PDS und die Landesvorstände der WASG die Kooperation grundsätzlich gebilligt haben. Neben den Titeln Demokratische Linke/PDS und Vereinigte Linke/PDS brachte PDS-Wahlkampfleiter Bodo Ramelow gestern erstmals eine Variante ohne den Zusatz „PDS“ ins Gespräch: „Wenn die Bezeichnung ‚Sozialisten‘ im Namen auftaucht, berücksichtigt das unsere Identität“, sagte er der taz. WASG-Chef Ernst wird sich damit allerdings kaum anfreunden können: „Sozialismus als Tagesaufgabe interessiert keine Sau mehr“, hatte er erst diese Woche erklärt.

Ernst und seine WASG-Vorstandskollegen stehen ohnehin unter Druck. Noch vor einer Woche hatten sie beteuert, auf keinen Fall auf PDS-Listen antreten zu wollen – nun haben sie lediglich eine Absichtserklärung für einen neuen Namen erreicht. „Das ist eine Albernheit“, beschwert sich der mecklenburg-vorpommersche WASG-Landesvorstand Frank Wiese. Wie andere Fusionsgegner hofft er auf die Urabstimmung der Basis. „Wir haben jetzt Krieg“, sagt Matthias Fiege, Anführer einer Revolte von WASG-Regionalgruppen in Nordrhein-Westfalen.

Auch WASG-Chef Ernst ahnt, dass der Widerstand seiner Basis größer ist, als zunächst angenommen. Deshalb lässt er plötzlich offen, ob die Urabstimmung wie geplant am kommenden Dienstag beginnt. „Wir entscheiden das am Wochenende. Zuerst müssen wir das Ergebnis der Verhandlungen breit kommunizieren und diskutieren“, sagte er.

Seine Kritiker warnen vor einer Verschiebung: „Wenn die Basis nicht sofort befragt wird, ist das der Bankrott der WASG“, so Landeschef Wiese. Zahlreiche Austrittsschreiben lägen schon vor. Aus eins plus eins, also PDS plus WASG, muss also nicht unbedingt zwei werden. Eher eins Komma fünf. KLAUS JANSEN