: Spontan-Demo gegen Castoren
Ahauser Schüler protestieren gegen neue Atommülltransporte – und werden von der Polizei vorgeladen. Atomkraftgegner kritisieren die Verhöre als „nicht rechtsmäßig“
AHAUS taz ■ Über 100 Schülerinnen und Schüler haben gestern Mittag in Ahaus spontan gegen die erneuten Atommülltransporte ins Münsterland protestiert. Vom Bahnhof aus zog der Demonstrationszug mitten durch die Innenstadt zum Rathaus. Einheiten der Essener Bereitschaftspolizei riegelten das Gebäude ab, während die Schüler lautstark den Ahauser Bürgermeister Felix Büter (CDU) in die Pflicht nahmen: „Wir wollen Büter sehen“, forderten sie – doch der ließ sich trotz der Sprechchöre nicht sehen, verschanzte sich in seinem Rathaus.
Auf eine Schülerdemo vom vergangenen Montag reagierten Stadtverwaltung und Polizei dagegen mit voller Härte. Sechs Minderjährige wurden zusammen mit ihren Eltern vorgeladen. Wer sie zu den Protesten „angestiftet“ habe, wollten die Polizisten wissen. Als „nicht rechtmäßig“ kritisierten Vertreter der Anti-Atom-Initiativen die Vorladungen: „Es gibt keinen Straftatbestand der Anstiftung zu einer Demonstration.“
Bereits am Sonntag hatten über 300 Menschen beim so genannten Sonntagsspaziergang vor dem Ahauser Zwischenlager und einem Gottesdienst gegen die Castor-Transporte aus dem ehemaligen DDR-Forschungsreaktor Rossendorf bei Dresden protestiert – auch die Arbeitsgemeinschaft katholischer Frauen mit bundesweit über einer Million Mitglieder hat sich gegen die Lieferung des Atommülls aus Sachsen ausgesprochen.
Bei Redaktionsschluss hatten die sechs mit hochgiftigem Plutonium und atomwaffenfähigem Uran-235 beladenen sechs Castor-LKW das thüringische Erfurt erreicht. Atomkraftgegner hatten zuvor das Haupttor des Forschungszentrums Rossendorf blockiert. Auch bei Radeberg gelang es Anti-Atom-Aktivisten, den Castor-Konvoi für zehn Minuten zu stoppen.
Proteste waren gestern auch in Kamen und Bad Oeynhausen geplant. Am Abend sollte es auch in Ahaus zu mehreren Protestkundgebungen kommen: Nach einem Solidaritätskonzert wollten die Atomkraftgegner in der Innenstadt demonstrieren und dann vor das Zwischenlager rund drei Kilometer vor der Stadt ziehen. Hier sollten die Einfahrten bis zum Eintreffen der Atommüllbehälter blockiert werden. Die Anti-Atom-Initiativen rechneten mit über 2.000 Teilnehmern. ANDREAS WYPUTTA
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