Die Buchpreisfindung

Kleine Verlage loben zur Frankfurter Buchmesse einen alternativen Preis aus: den der „Hotlist“

In etwa zwei Wochen gehen in den Buchhandlungen wieder die Räumungsarbeiten los. Dann nämlich verkündet die Jury des Deutschen Buchpreises die Shortlist mit den zehn Aspiranten auf diese Ehrung während der Frankfurter Buchmesse. Auf den Büchertischen werden sich die Suhrkamp- und Hanser-Titel dem Leser aufreizend entgegentürmen.

Der Deutsche Buchpreis ist ein Katalysator für den Buchverkauf. Das erfreut den Handel, nicht aber die kleinen Independent-Verlage mit den weniger etablierten Autoren: Die fühlten sich stets übergangen. Deshalb haben sie nach Bekanntgabe der diesjährigen Longlist ihre eigenen preiswürdigen Autoren bestimmt und daraus die „Hotlist“ gebastelt; das klingt catchy, ein bisschen ironisch und verspricht avancierte Nischenliteratur.

Doch dann sicherte die Mayersche Buchhandlung ein Preisgeld von 5.000 Euro zu und aus der Marketingidee wurde binnen weniger Tage ein richtiger „Preis der Hotlist“. Der wird schon ab diesem Jahr zeitgleich mit dem Deutschen Buchpreis in Frankfurt vergeben. Nur ein Moderator fehlt noch.

Für die etablierte Ehrung nominiert seien in diesem Jahr wieder auffällig viele Autoren, die schon längst besprochen worden seien, sagt Julia Strack vom Blumenbar-Verlag. Tatsächlich findet man hier die großen Verlagshäuser, von denen auch die Sieger der letzten vier Jahre kommen. „Ursprünglich sollte die Hotlist lediglich einen Ausblick auf das Programm von uns Kleinen geben“, sagt Strack. Zum Beispiel auf Barbara Bongartz’ Roman „Perlensamt“ (weissbooks), David Peace’ Krimi „Tokio im Jahr null“ (Liebeskind) und Germar Grimsens Roman „Almatastr.“ (Verbrecher Verlag). Doch dann sei die Spontanaktion durch das plötzliche Interesse zu einem Selbstläufer geworden.

Kein bloßes Nacheifern

Auf den sind die Verlage jetzt ziemlich stolz. „Wir definieren uns ja auch darüber, dass wir flexibel und schnell Projekte auf die Beine stellen können“, sagt Anya Schutzbach von weissbooks. Allerdings wolle man keine Gegenveranstaltung aufziehen. „Die Hotlist will nicht dem Deutschen Buchpreis nacheifern.“ Deshalb habe man auch die Idee einer Jury verworfen, die unorthodoxere Bewertungskriterien anlegen dürfe als jene, denen die Buchpreis-Jury verpflichtet ist. Das wäre dann eine wirklich erfrischender Ansatz gewesen.

Per Publikumsabstimmung soll nun der Sieger gefunden werden. Das ist ein bisschen schade, weil nicht zu ermitteln ist, wie die ästhetischen Urteile eines Onlinevotings zustande kommen; der Laudator wird auf eine Begründung der Auszeichnung verzichten müssen.

Lässt sich nur hoffen, dass die Leser-Jury die Werke, über die sie entscheiden kann, wirklich vorher zur Kenntnis nimmt und nicht blind abstimmt. Man sollte in den Läden deshalb schleunigst neue Büchertische aufstellen.

ARIANE BREYER