das wird: „Jüdische Themen authentisch und überzeugend transportieren“
Die dritten Jüdischen Filmtage in Hamburg zeigen kommende Woche vier Spielfilme und eine Dokumentation über ein Attentat in Tel Aviv
Interview Wilfried Hippen
taz: Frau Friedler, was ist ein jüdischer Film? Man könnte ja zum Beispiel jeden Film von Steven Spielberg, der jüdischer Abstammung ist, in diese Kategorie packen.
Elisabeth Friedler: Für uns ist ein jüdischer Film immer dann gegeben, wenn er einen Bezug zur jüdischen Lebenswelt hat und aus einer jüdischen Perspektive erzählt wird.
Auch im dritten Jahr bleiben die Jüdischen Filmtage mit fünf Filmvorführungen eine eher kleine Veranstaltung. Reizt es Sie nicht, mehr Filme an mehr Tagen zu zeigen?
Wir wollten klein anfangen und in den letzten beiden Jahren sind die Filmtage zwar vom Publikum gut aufgenommen worden, aber es gab in den Coronjahren auch schwierige Auflagen. Deshalb haben wir uns gesagt, wir haben lieber fünfmal die Kinos voll als mehr Veranstaltungen, zu denen dann nur zehn oder zwanzig Zuschauer und Zuschauerinnen kommen. Da bleiben wir lieber klein und fein.
Nach welchen Kriterien wählen Sie diese fünf Filme aus?
Wir zeigen neue Produktionen, die noch nicht in Hamburger Kinos oder im Fernsehen gezeigt wurden. Wir wollen inhaltlich und stilistisch eine möglichst breite Streuung erreichen, aber auch international divers sein, also Filme aus möglichst vielen verschiedenen Ländern und in vielen verschiedenen Sprachen anbieten.
In diesem Jahr sind zwei der fünf Filme aus Israel und einer ist eine israelisch-polnisch-kolumbianische Koproduktion.
Das hat sich in diesem Jahr so ergeben. Den Eröffnungsfilm „My Neighbor Adolf“ mussten wir einfach nehmen, weil er sehr skurril und schauspielerisch großartig gelungen ist. Die Dokumentation „Closed Circuit“ hat uns durch die Art der filmischen Darstellung überzeugt, denn dort wird nur anhand der Aufnahmen von Überwachungskameras von einem Attentat im Zentrum von Tel Aviv erzählt. Und dann wollten wir mit einem heiteren Film schließen und „Humus Full Trailer“ bietet einen verrückten komödiantischen Abschluss.
Elisabeth Friedler
ist Kulturreferentin der Jüdischen Gemeinde Hamburg. Seit 2021 organisiert sie die Jüdischen Filmtage Hamburg.
Der Film „March ’ 68“ ist dagegen eine rein polnische Produktion.
Diesen Spielfilm haben wir ausgewählt, weil er einen historischen Bezug hat, der vielen Menschen gar nicht bewusst ist, nämlich den staatlichen Antisemitismus im Polen der späten 1960er-Jahre. Erzählt wird dies am Beispiel der Liebesbeziehung zwischen einer jüdischen Frau und einem nichtjüdischen Mann
Muss man also nach Ihrer Definition gar kein Jude und keine Jüdin sein, um einen jüdischen Film zu machen?
Ich finde, wenn nichtjüdische Regisseure, Autoren oder Darsteller in ihren Filmen ein jüdisches Thema authentisch und überzeugend transportieren können, dann spielt ihre Herkunft für mich keine Rolle. Es ist keine Bedingung, dass die Filmschaffenden, deren Filme wir zeigen, unserem Glauben angehören müssen. Das entscheidende Kriterium bei der Auswahl bleibt immer die Qualität eines Films.
Jüdische Filmtage Hamburg: So, 25. 6., bis Do, 29. 6., in den Kinos Metropolis, Zeise und Passage; Programm und Infos: https://juedischefilmtage.hamburg
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