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Archiv-Artikel

Konstruktion von Authentizität

ABSCHLUSS Rainald Goetz als Gegenstand der Magisterarbeit

Ich habe gern studiert. Aber als ich 1994 nach Berlin kam, wurde vieles wichtiger: Nachtleben, Jobs, Projekte. Rainald Goetz lernte ich 1998 kennen, da war ich taz-Kultur-Praktikantin. Ich machte eine Polaroid-Serie, „Warten auf die Loveparade“ oder so, und traf jeden Tag einen anderen Halbprominenten, der irgendwie mit Techno zu tun hatte. Einmal war ich mit Westbam verabredet – und zufällig war auch Rainald Goetz da. Ich war aufgeregt: Gerade hatte ich „Rave“ gelesen, sein bestes und gegenwärtigstes Buch, wie ich bis heute finde. Ich machte ein Polaroid von ihm.

Danach traf ich Goetz immer mal auf Partys. Als ich beschloss, nach 16 Semestern doch noch das Studium der Neueren Deutschen Literatur abzuschließen, fiel meine Wahl auf ihn. Ich wollte wissen, was der Motor seines Schreibens ist, warum seine Texte so unter Hochspannung stehen. Ich wählte den Titel „Zur Konstruktion von Authentizität bei Rainald Goetz“. Kapriziös, aber immer noch gut, meine ich.

Es war toll, ein halbes Jahr über ihn nachzudenken. Aber ich konnte mich nie mehr richtig mit ihm unterhalten: Ich hatte immer das Gefühl, ihn ohne sein Wissen seziert zu haben. Und wirklich kam ich ihm auf die Spur: Ich verstand, warum sein überdrehtes Schreiben so tut, als schriebe es die „wirkliche Wirklichkeit“ ab, und dabei weiß, wie unmöglich das ist. Und obwohl all das Spaß gemacht hat, war es auch ein Krampf. Ich erinnere einen langen Sommer, in dem mir das Konzept immer wieder abhandenkam. Und Mittagspausen, in denen ich wiederentdeckte, welche Art Bücher ich mochte, bevor ich begann, sie zu studieren – die wunderbar entspannten, lakonischen Bücher von Haruki Murakami. SUSANNE MESSMER