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Tiefer Fall auf der Alm

Arminia Bielefeld steigt binnen eines Jahres zum zweiten Mal ab. Beim künftigen Drittligisten wird ein Neuanfang auf allen Ebenen gefordert

Von Andreas Morbach

In der einen Ecke der Bielefelder Arena feierte ein munteres Häuflein Wiesbadener Fans auch eine Dreiviertelstunde nach Spielschluss noch den Aufstieg der eigenen Mannschaft in die zweite Liga. Von Seiten der Gastgeber war zu diesem Zeitpunkt dagegen nichts mehr zu hören, sondern nur noch etwas zu lesen. „Neuanfang auf allen Ebenen“ forderte die Anhängerschaft der Arminia auf einem großen Transparent, das sie in einem anderen, inzwischen menschenleeren Winkel des Stadions aufgespannt hatte. Ein unmissverständlicher Vorschlag, der Fabian Klos an das Frühjahr 2014 erinnerte.

Damals war der baumlange Angreifer mit den Ostwestfalen zum ersten Mal in die dritte Liga abgestiegen, nun erlebte er gegen den SV Wehen Wiesbaden ein trauriges Déjà-vu. Nach dem 0:4 im Hinspiel, bei der aufgebrachte Bielefelder Gästefans für eine 20-minütige Spielunterbrechung gesorgt hatten, verlor Arminia auch das zweite Relegations-Duell, diesmal mit 1:2. Und Kapitän Klos wusste: „Ein paar Tage fühlt sich das jetzt richtig scheiße an. Aber als wir damals runter in die dritte Liga gegangen sind, haben wir das als Neuanfang genutzt, als Chance gesehen. Ich hoffe, dass wir die Möglichkeit dazu jetzt auch nutzen.“

Der 35-Jährige hatte am Dienstagabend die erste Torgelegenheit genutzt, um die Hausherren in Führung zu schießen – nach vier Minuten, und mit freundlicher Unterstützung des Wiesbadener Keepers Florian Stritzel. Die Zuschauer glaubten plötzlich an ein Wunder. Und nicht nur sie. „Die ersten 30 Minuten – das ist das, was Arminia Bielefeld sein kann. Und was Arminia Bielefeld irgendwann auch wieder sein wird, davon bin ich überzeugt“, betonte Klos. Und er beklagte die danach verpassten Möglichkeiten sowie die selbst verschuldete Wende.

Mit fatalen Abwehrfehlern ermöglichten Andres Andrade und Frederik Jäkel den Gästen noch vor der Pause ihre beiden Treffer. Nutznießer war jeweils Stürmer Benedict Hollerbach, der kurz vor einem Wechsel zum 1. FC Köln stehen soll. Die Rückkehr in die zweite Liga gelang den Wiesbadenern nach drei Jahren in der Drittklassigkeit.

Bei Bielefeld dagegen steht nun der von Fabian Klos so vehement geforderte Neuanfang auf der Agenda. Anders aber als vor neun Jahren, fällt Arminias Absturz diesmal besonders heftig aus. Schließlich spielten die Bielefelder im Frühling 2022 noch in der ersten Bundesliga, ehe es nun schon zum zweiten Mal hintereinander eine Etage tiefer geht. „Mit Sicherheit hat die Mannschaft an der sehr hohen Erwartungshaltung des direkten Wiederaufstiegs vom ersten Tag an zu knabbern gehabt“, analysierte Trainer Uwe Koschinat. Die Folgen sind enorm. Der kaufmännische Geschäftsführer Christoph Wortmann spricht von einer „Herkulesaufgabe“. Kaum einer der Spieler hat einen Vertrag für die dritte Liga. Den seit März unbesetzten Posten des Sportgeschäftsführers übernimmt, das gab die Arminia am Mittwoch bekannt, der frühere Bundesligaprofi Michael Mutzel, zuletzt als Sportdirektor für den Hamburger SV tätig.

Publikumsliebling Klos, den die Fans nach dem bodenlosen Auftritt ihres Teams in Wiesbaden als einzigen nicht auspfiffen, hat bereits seinen Willen signalisiert, auch in der dritten Liga mitzuhelfen. „Das ist mein Verein. Ich nehme mein Handy mit in den Urlaub, ich bin immer erreichbar“, teilte er den Klubverantwortlichen mit. Und wie im Fall von Klos, seit 2011 bei der Arminia, könnte es auch für Uwe Koschinat weitergehen.

Der Geschäftsführer Christoph Wortmann spricht von einer „Herkulesaufgabe“. Kaum einer der Spieler hat einen Vertrag für die dritte Liga

Der gebürtige Koblenzer musste als dritter Cheftrainer nach Uli Forte und Daniel Scherning mit seinem Team zuletzt zwar heftige Nackenschläge wie in Wiesbaden und am letzten Spieltag in Magdeburg (0:4) einstecken. Alles in allem geht es unter seiner Leitung sportlich aber in die richtige Richtung.

„Der Deal war klar: Wenn du Arminia Bielefeld rettest, hast du die Ehre, noch ein weiteres Jahr hier zu arbeiten“, erläuterte Koschinat die Vertragslage. Er selbst wolle sich deshalb nicht aufdrängen, betonte der 51-Jährige, ließ seinerseits aber klare Bereitschaft erkennen, die Zusammenarbeit fortzusetzen. „Das hier“, sagte Koschinat, „ist ein fantastischer Verein, der jetzt sehr, sehr hart gefallen ist.“ Und bei dem es dementsprechend viel zu tun gibt.

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