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Archiv-Artikel

Kein Mitleid mit dem ramponierten Riesen

Die Konkurrenz bleibt gelassen: Womöglich geht nun die Übernahme der Commerzbank leichter über die Bühne

HAMBURG taz ■ Die zweitgrößte deutsche Bank wird nach Italien verkauft, und die Aufregung hält sich am Finanzplatz Deutschland in sehr engen Grenzen. Für die gepflegte Gleichgültigkeit gibt es gute Gründe, vor allem diesen: Der bundesdeutsche Bankenmarkt wird von der neuen italo-deutschen Bank – fusioniert aus HypoVereinsbank (HVB) und UniCredito – kaum berührt werden. „Es wird sich nicht viel ändern am deutschen Bankenmarkt“, ist der Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel überzeugt. Die Münchener, die für 15 Milliarden Euro an UniCredito gehen, sind vor allem in Bayern präsent, und dort ist der Markt seit langem fest gefügt. Durch den Einstieg der Mailänder wird sich daran wenig ändern, schon weil UniCredito bislang nur als Partner der Industriekreditbank eine Nebenrolle spielt.

Gelassen blickt die Konkurrenz auch aus einem anderen Grund auf das neu entstehende Dreieck Bayern-Österreich-Norditalien: Die HVB ist schwer angeschlagen. Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) hatte 1997 die Bayerische Vereinsbank und die Bayern-Hypo zur Fusion gedrängt. Die Kombination erwies sich als fatal, da beide vor allem Immobilien finanzierten – in den Bilanzen der Bayern fanden sich später viele Karteileichen. Vor allem wegen Wertberichtigungen bei faulen Immobilienkrediten summierten sich die Miesen auf fast 6 Milliarden Euro. Da kommt die Finanzspritze aus Italien gerade recht für die HVB-Großaktionäre Münchener Rück (11,3 Prozent), Ergo Versicherung (16,0) und die amerikanische Investmentgesellschaft The Capital Group (5,0).

In Frankfurt wird die Italo-Rettung eher als eine bayerische Pleite gesehen. Auch das zweite Sorgenkind, die ebenfalls renditeschwache Commerzbank, könnte nun ohne Quengeleien des Kartellamtes bald einen Käufer finden – dieser dürfte allerdings aus Frankfurt kommen.

Zu spüren bekommen werden die Bankenfusion zunächst die Angestellten in Polen, Rumänien oder Tschechien. In Osteuropa sind sowohl die aus drei Sparkassen entstandene Unicredito wie auch die bayerische Hypo flotte Platzhirsche. Osteuropa gilt in der Finanzszene als hochprofitabel und verspricht gewaltige Steigerungsraten. HERMANNUS PFEIFFER