: Ein Foto mit Tom
Bei der Pressekonferenz zum Remake von „Krieg der Welten“ trifft Tom Cruise seine größten Fans: Journalisten
Die Erde brennt. Rot glühend umzüngeln die Flammen den ehemals blauen Planeten wie eine Dornenkrone. Na, wieder nicht artig gewesen? Von unten hat sich eine knorrige Klaue ins Bild geschoben. Sie balanciert die lodernde Weltkugel locker auf drei Fingern. Alien müsste man sein. Dann hätten alle Angst, und man könnte jederzeit ungestraft verbreiten, was für ein Weltraumschrott der neue Steven-Spielberg-Film „Krieg der Welten“ ist.
Als normal sterblicher Erdenbürger-Journalist jedoch musste man eine Erklärung unterschreiben, dass „Sie vor dem 29. Juni keine Kritik o. ä. betreffend ‚Krieg der Welten‘ veröffentlichen“. Dann erst durfte man in die Pressevorführung. Zum Glück beschreibt der Anfang dieses Textes nur das Filmplakat von „Krieg der Welten“, und das war sogar schon im Fernsehen, denn es hing am Dienstagnachmittag bei der Pressekonferenz im Ballsaal des Adlon hinter – oh, my god! – Mr. Tom Cruise.
Moderator Steven Gaetchen begrüßte den Hollywoodstar vor zwei schwarzen Ledersesseln und tat gut daran, sich danach zurückzuhalten und den Fans das Feld zu überlassen. Woher die alle so schnell einen Presseausweis bekommen haben, bleibt genauso ein großes Rätsel wie Toms – mit Amis ist man ja schnell per du – Dauergrinsen. Liegt es an seiner Macht, Journalisten ihre Professionalität auszutreiben? An seiner frischen Liebe zur Kollegin Katie Holmes, mit der er noch am selben Abend wieder vereint sein würde? Oder – und das wollen wir nicht hoffen – macht Scientology einfach glücklich. Dann wäre es nämlich erste Bürgerpflicht, Masseneintritte zu organisieren. Wahrscheinlich aber macht’s mal wieder die Mischung. Um mit Camus zu sprechen: Man muss sich Tom Cruise als glücklichen Menschen vorstellen.
Sein Sisyphos-Schicksal ist, dass er immer wieder auf die gleichen und meist gleich blöden Fragen antworten muss. Wie er das macht, ist wirklich beeindruckend. Wie er es schafft, jedem Fragesteller das Gefühl zu geben, nur mit ihm zu sprechen, obwohl 200 Journalisten drum herum sitzen, eifrig mitschreiben – und mitlachen. Da wird Tom gefragt, warum der Film so ein kitschiges Happyend haben musste. „Weil wir es so wollten.“ Ende der Durchsage. Breitestes Tom-Grinsen, giggelndes Gelächter. Oh, dieses Selbstbewusstsein! Alle lachen mit, fressen ihm aus den Händchen. Und stehen nach der Pressekonferenz klaglos Schlange für ein Foto mit Tom. Wer braucht schon journalistische Distanz, wenn er stattdessen ein Autogramm haben kann? Meins hat leider keine Widmung.
DAVID DENK