Strahlende Wallfahrt

Pilger sollen ins Endlager statt auf Jakobsweg

Auf religiös unbewanderte Menschen machen die Jesusverzückten und Gottsuchenden, die Religiösen aller Fakultäten, mit ihren ständigen Glaubenswettspielen ohnehin immer einen etwas, nun ja, verstrahlten Eindruck. Künftig wird man den Grad dieser religiösen Inbrunst womöglich sogar ganz wissenschaftlich mit dem Geigerzähler messen können. Denn ausgerechnet rund um das marode Atommülllager Asse im Kreis Wolfenbüttel laden Bürger­initiativen und kirchliche Gruppen für diesen Samstag zur zünftigen Pilgerei ein, berichtete epd gestern. Auf dem Programm der apokalyptischen Passionsspiele steht sicher nicht nur eine schwer radioaktive „acht Kilometer lange Runde“, die „vom Dorf Wittmar über die Schachtanlage Asse II zum höchsten Punkt des Asse-Höhenzuges“ führt und in der Besteigung des „Bismarck-Turms“ kulminiert. Bestimmt werden auf dem Pilgerweg auch Kreuzwegstationen radioaktiver Marter aufgebaut, bei denen strahlender Yellowcake als Hostie verabreicht wird. Und während ein Pastor den Castor-Behälter als Monstranz vor sich herträgt, fährt die Bußprozession hinab auf die Sohle Golgatha, um leckende Fässer zu leugnen. Oder veranstalten solchen Zinnober nur fundamentalistische Gläubige der heiligen Atomsekte?