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Archiv-Artikel

Das Heil in der Familie

Senatorin Schnieber-Jastram hat eine Vision von Hamburg: 20 Jahre Wachstum durch Familien- und Seniorenfreundlichkeit

„Man muss sich nicht langweilen, und man muss auch nicht einsam sein“

Von Gernot Knödler

Wer am Mittwochnachmittag ab 17.15 Uhr zu einer Vortragsveranstaltung einlädt, kann sich schon einmal ein Bild davon machen, wie unsere Gesellschaft im Jahr 2025 aussehen wird: drei Viertel über 60. Ganz so schlimm wird es nicht kommen – aber fast, weshalb Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) die alternde Gesellschaft als eines von zwei zentralen Handlungsfeldern der Hamburger Politik für die kommenden 20 Jahre ausgemacht hat. Das andere ist die Familie, deren Stärkung die Geburtenschwäche Deutschlands beheben soll. Schnieber-Jastram war vom Hamburgischen Weltwirtschafts-Institut (HWWI) und der Konrad-Adenauer-Stiftung in den Gartensaal des Baseler Hofs eingeladen worden, um über die demographische Entwicklung und die „Wachsende Stadt“ zu referieren.

Die Lage ist düster: Auf eine Frau zwischen 15 und 45 Jahren kommen in Hamburg statistisch 1,2 Kinder. Nur noch in 18 Prozent der Haushalte leben Unter-18-Jährige. Nach Schätzung des Statistischen Amtes wird der Anteil der Menschen mit 65 und mehr Lebenjahren von 17,6 Prozent in 2003 auf 18,7 Prozent in 2020 steigen. Die geburtenstarken Jahrgänge beginnen dann erst ins Rentenalter vorzurücken. Statt 109.000 wird es rund 124.000 Betreuungsbedürftige geben. Der Ausländeranteil wird sich von 15 auf 17 Prozent erhöhen, die Einwohnerzahl Hamburgs von 1,73 auf 1,81 Millionen Menschen. Eine Bevölkerungsschätzung der Universität Köln prognostiziert für die Hansestadt bis 2040 einen Zuwachs um 15 Prozent auf 1,99 Millionen Einwohner.

Der Senat bemüht sich, diesen Trend zu fördern. 2025 solle Hamburg „eine lebendige, inspirierende Stadt für Familien sein“, die beste in ganz Deutschland, verhieß Schnieber-Jastram. Senioren sollen ihren Lebensabend in der Stadt verbringen und selbige im Dialog der Generationen befruchten.

Um beide Ziele zu erreichen, müsse zunächst die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werde. Hamburg sei schon heute die einzige Stadt, die einen Rechtsanspruch auf einen fünfstündigen Kita-Platz für Drei- bis Sechsjährige gewähre und die Kinder Berufstätiger von null bis 14 Jahren betreuen lasse. Dass die CDU per Volksentscheid zum Jagen getragen werden musste und sich die Intensität der Betreuung verschlechtert hat, sagte sie nicht. Der Senat habe die Wirtschaft gedrängt, die Arbeitswelt familienfreundlicher zu gestalten, was die Kammern aufgegriffen haben. Über das Väterzentrum und ein Internet-Angebot würden Väter bestärkt, für die Kinderzerziehung eine Auszeit zu nehmen. Darüberhinaus unterstütze der Senat Familien bei der Erziehung im Alltag und sorge für ein familiengerechtes Wohnumfeld, indem er Grundstücke zu bezahlbaren Preisen abgebe.

Senioren habe Hamburg bereits heute viel zu bieten: ein dichtes Netz von Bus- und Bahnlinien, viel Kultur, dazu Freiwilligenzentren, Altentreffs und Internet-Cafés für Graue. „Man muss sich nicht langweilen, und man muss auch nicht einsam sein“, versicherte Schnieber-Jastram. Es werde immer mehr altengerechte Wohnungen geben, die ein selbstbestimmtes Leben nach Gusto ermöglichen. Um eine gute Pflege gewährleisten zu können, müsse allerdings das Image dieses „Berufs mit Zukunft“ verbessert werden. Für den gesellschaftlichen Frieden werde es entscheidend sein, inwieweit die ältere Generation bereit sei, „zu verstehen, dass die junge Generation nicht alle Lasten alleine tragen kann“.

Bei der Integration von Ausländern sei das Erlernen der deutschen Sprache von zentraler Bedeutung. Hier habe der Senat „keinen Euro gekürzt“. Mit Hilfe eines Beratungs- und Qualifizierungszentrums soll verhindert werden, dass Migrantenkinder auf dem Weg ins Berufsleben stecken bleiben.

Rolf Steil, Direktor der Arbeitsagentur, verlangte in der Diskussion, das Zuwanderungsgesetz müsse so nachgebessert werden, dass gezielt Menschen mit raren Qualifikationen ins Land geholt werden könnten. Die Senatorin schrieb es sich auf.