Posthume Musikauswahl: Der perfekte Beerdigungs-Song

Welches Lied soll bei meinem Begräbnis gespielt werden? Diese wichtige Frage hat sich Peter Unfried schon früh gestellt.

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Von PETER UNFRIED

Mit 19 entschloss ich mich, eine der drängenden Fragen des Lebens zu beantworten beziehungsweise die letzte Frage. Ich rief den Superöko heran, mit dem ich in einem kleinen Dachverließ in der Karl-Rachel-Straße aufgewachsen war.

»Bruder«, sagte ich, »hier ist mein letzter Wunsch: Sorg bitte dafür, dass bei meinem Begräbnis All Right von Christopher Cross gespielt wird.«

»Niemals«, antwortete der Superöko freundlich. Der Song sei scheiße.

Jetzt weiß ich selbstverständlich, dass man sich als authentischer Rock 'n‘ Roller eigentlich Highway to Hell wünschen muss und mir sind auch die Ressentiments der linksalternativen Indie-Kultur gegen Christopher Cross bekannt (»Weichspüler«, »kommerziell«, »Dreck«). Ich mag aber die Melodie einfach und finde den optimistischen Text (»All right, think we're gonna make it/Think it might just work out this time«) durchaus hilfreich für eine gute Stimmung bei so einer Veranstaltung. Jedenfalls war beim Superöko aber nichts zu machen, und so ließ ich die Sache ein paar Jahrzehnte auf sich beruhen.

Diese Woche nun sagte ich zur Macht, der ich einst von einem Kreuzberger Standesbeamten anvertraut worden war: »Hör mal, Macht, ich möchte, dass auf meiner Beerdigung All Right von Christopher Cross gespielt wird. Könntest du dafür sorgen?«

»Selbstverständlich«, sagte die Macht. Das sei »überhaupt kein Problem«.

Als sie schon kehrtgemacht hatte, um die Küche wieder zu verlassen, rief ich: »Ach so, und kann der Superöko bitte die Trauerrede halten?« Der Superöko ist nämlich witzig oder hält sich dafür, und auch das ist mir vom Spirit her wichtig.

»Der Superöko? Nur über meine Leiche«, brummte die Macht.

»Nein, über meine«, antwortete ich.

Hin und her, nix da, kommt ja gar nicht infrage, irgendwann wies ich tränendrüsig auf das Gewicht des letzten Wunsches eines Verstorbenen hin.

»Du hast leicht reden«, sagte die Macht, »du musst das ja nicht mehr hören.«

Wenn Sie nun auf eine Pointe warten, dann kann ich nur sagen, dass diese Geschichte wie das Leben endet: Es gibt keine.

Dieser Beitrag ist im Dezember 2022 in taz FUTURZWEI N°23 erschienen.

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