: Weich und auch leicht
NACHRUF Zum Tod von Robin Gibb
Seine Musik war unverkennbar. Als hätte jemand einer Katze auf den Schwanz getreten. Sie brennt sich in den Gehörgang und bleibt dort – länger als es mitunter wünschenswert wäre. Wer „Juliet“, den Hit von Robin Gibbs Soloalbum „How old are you“ aus dem Jahr 1983 kürzlich gehört hat, summt ihn gewiss immer noch. Unvergesslich auch das französische Revolutionsvideo dazu, dessen Zusammenhang mit dem Song noch in einer Literal-Video-Version auf YouTube aufgearbeitet werden sollte.
Ähnlich ohrwurmhaft verhält es sich mit dem grotesken Bee-Gee-Kreischsong „Tragedy“ und natürlich auch mit den großen Hits „How Can You Mend a Broken Heart“ oder „Jive Talking“. Sie machten die Bee Gees zu Weltstars. Ihr größter Erfolg – neben den anderen „Saturday Night Fever“-Soundtrack-Songs „ How deep is your love“, „Stayin Alive“ und „Too much heaven“ – aber war der Disco-Hit „Night Fever“ aus dem Jahr 1977. Er verkaufte sich 40 Millionen Mal und ist für immer verbunden mit dem Brillantine-schimmernden John Travolta im weißen Schlaghosenanzug.
Robin Gibb wurde am 22. Dezember 1949 auf der britischen Isle of Man geboren, etwa eine halbe Stunde später kam sein Zwillingsbruder Maurice zur Welt. 1958 zog die Familie nach Australien, zehn Jahre später kamen die Brüder zurück nach England. Bereits 1963 waren sie in Australien als Kinderstars erfolgreich und hatten mit „Massachusetts“ 1968 ihren ersten Welthit.
Robin Gibbs Stimme prägte den Trio-Gesang, zusammen mit seinen Brüdern Maurice und Barry prägten die Bee Gees den Sound der 70er-Jahre-Disco-Ära. Robin Gibb galt als der kluge Kopf der Band, während Maurice mit der Fönwelle der schöne Kopf der Band war. Gemeinsam produzierte die Band auch erfolgreich Songs für andere Musikgrößen wie Céline Dion, Diana Ross, Barbra Streisand, Kenny Rogers und Dolly Parton sowie Dionne Warwick.
In fünf Jahrzehnten verkauften die Bee Gees, der Name wurde abgeleitet von den Anfangsbuchstaben von „Brothers Gibb“, mehr als 200 Millionen Platten – da können Sie in einer Liga mit den Beatles mithalten. Der Sound allerdings ist sehr viel weichgespülter und die Lyrics sind unbekümmerter als die der abgründigen Rolling Stones oder der intellektuellen Beatles.
In den vergangenen Monaten hat Gibb immer wieder wegen seiner Krankheit Termine absagen müssen, im April lag er bereits eine Woche im Koma. Im Alter von 62 Jahren erlag Robin Gibb am Sonntag einem schweren Krebsleiden. JULIA NIEMANN