: Koalitionsverhandlungen gehen in die heiße Phase
In Niedersachsen nehmen ab Mittwoch Ministerpräsident Weil und Grünen-Spitzenkandidatin Hamburg direkt an den Gesprächen über die neue Regierung teil
Die Koalitionsverhandlungen von SPD und Grünen über Niedersachsens neue Landesregierung werden ab Mittwoch zur Chefsache: Waren es bisher vor allem Fachpolitiker, die versucht haben, die Pläne beider Parteien hinter verschlossenen Türen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, sind dann auch Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Grünen-Spitzenkandidatin Julia Willie Hamburg direkt beteiligt.
Ein erstes Ziel haben Rote und Grüne dabei schon erfüllt, bevor das rot-grüne Bündnis überhaupt steht: Die Vertraulichkeit der Gespräche, die sich beide vorgenommen haben, ist bisher weitestgehend stabil. Weder inhaltlich noch personell sind überraschende Details durchgesickert. Von Mittwoch an soll es aber immer wieder Updates zum Fortschritt der Verhandlungen geben. Die Zeit drängt schließlich – nicht nur wegen der Energiekrise.
Der Zeitplan, den sich SPD und Grüne selbst gesteckt haben, ist ehrgeizig: Schon am ersten November-Wochenende, gerade einmal vier Wochen nach der Landtagswahl, sollen die Parteitage über den Koalitionsvertrag abstimmen. Läuft alles nach Plan, würde der Vertrag über die Neuauflage von Rot-Grün im Land am 7. November unterzeichnet. Einen Tag später soll Ministerpräsident Weil bei der konstituierenden Sitzung des Landtags im Amt bestätigt werden.
Über die weitere Besetzung des Kabinetts hüllen sich beide Seiten indes noch in Schweigen. Die Grünen legen dem Vernehmen nach Wert darauf, dass Julia Willie Hamburg das Wirtschaftsministerium übernimmt. Ihr Co-Spitzenkandidat Christian Meyer könnte Umweltminister werden.
Erstes Projekt: Entlastungspaket
Für den derzeitigen Umwelt- und früheren Wirtschaftsminister Olaf Lies von der SPD müsste dann allerdings wohl ein anderes Ressort gefunden werden, womöglich das Finanzministerium. Andere wichtige SPD-Minister wie Boris Pistorius (Inneres) und Daniela Behrens (Soziales) könnten ihre bisherigen Posten behalten.
Klar ist bereits, dass das erste gemeinsame Projekt von Rot-Grün ein Entlastungspaket des Landes in der Energiekrise werden soll. So hatte es Weil für den Fall seiner Wiederwahl versprochen, und die Grünen hätten ein solches Paket am liebsten noch vor der Wahl verabschiedet. Das von Weil im Wahlkampf vorgestellte Programm sollte 970 Millionen Euro umfassen, unter anderem zur Unterstützung von Kitas und Schulen, von kleinen und mittleren Unternehmen, des Gesundheits- und Pflegesektors sowie von Kultur- und Sporteinrichtungen.
Auch über die Energiekrise hinaus dürfte das Geld unter Rot-Grün lockerer sitzen als bisher in der SPD-CDU-Regierung. Beide Parteien wollen, dass das Land deutlich mehr investiert als bisher, in den Wohnungsbau und die Hochschulen zum Beispiel – auch wenn das zu Lasten neuer Schulden geht. Hier dürften sich die erklärten Wunschpartner schnell einig werden. Das gilt beispielsweise auch für die geplante Anhebung der Gehälter von Grund-, Haupt- und Realschullehrern und den schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien.
Für Diskussionen könnten hingegen noch die Verkehrspolitik, die Klimaziele, der Umgang mit dem Wolf, die Gasförderung in der Nordsee oder Polizeithemen wie der Einsatz von Bodycams sorgen. Als echte Stolpersteine dürften sich die Unterschiede jedoch nicht erweisen – zu groß ist der Wille, schnell wieder zusammen zu regieren. (dpa)
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