Wärme von oben

Solarinitiativen, die Solarindustrie und das Bundesumweltministerium arbeiten eng zusammen, um die Solarwärmenutzung voranzubringen

VON INA RÖPCKE

Peter Rubeck vom Forum Ökologie Traunstein nennt es einen „Solarvirus“: „Den habe ich mir während des Studiums eingefangen“, sagt er mit einem Augenzwinkern. Sein ehemaliger Professor Ernst Schrimpff kämpft seit über 20 Jahren ehrenamtlich für die Energiewende. Volker Klös vom Verein Sonneninitiative in Marburg tut es für seine Kinder: „Das wissen wir doch alle. Wir machen das nicht für uns, sondern für künftige Generationen“, betont der 38-Jährige. Und Erhard Renz aus dem hessischen Bürstadt antwortet auf die Frage nach seiner Motivation: „Versuchen Sie doch einmal, mit den Opfern von Tschernobyl zu sprechen! Das hier, das ist lebendig“, und weist auf die hunderte von Menschen, die mit ihm auf der „Fiesta del Sol“ die von ihm initiierte 5-Megawatt-Solarstromanlage feiern. „Auf die Menschen kommt es an!“

Peter Rubeck, Volker Klös und Erhard Renz meinen es ernst, mit ihren Worten und ihren Taten. Alle drei sind sie beruflich stark eingespannt, als Landschaftsarchitekt, Projektmanager in einer Immobilienfirma und Mitarbeiter eines großen deutschen Automobilbauers. Alle drei haben sie Familie. Und dennoch finden sie die Zeit, ehrenamtlich Solarprojekte durchzuführen, die für viele andere ein Vollzeitjob wären. Dabei helfen ihnen Mitstreiter aus Solar- und Umweltvereinen, die sich ebenfalls in ihrer Freizeit für die Energiewende engagieren.

Etwa 640 Solarinitiativen gibt es in Deutschland, haben der Bundesverband Solarindustrie (BSi) und das Bundesumweltministerium in einer Studie ermittelt. „Die Bedeutung der lokalen Akteure für die Verbreitung der Solartechnik ist lange Zeit unterschätzt worden“, weiß BSi-Geschäftsführer Gerhard Stryi-Hipp heute. „Wo einzelne Menschen aktiv sind, da gibt es auch die meisten Anlagen.“ Die Studie war der Auftakt des Projekts RegioSolar, mit dem BSi und BMU seit 2003 Solarinitiativen unterstützen und neue anregen wollen. „Das Rad muss nicht jedes Mal neu erfunden werden“, erläutert Projektleiter Michael Danner den Ansatz der Vernetzung. Die Solarinitiativen begrüßen die Unterstützung und die Möglichkeiten des Austauschs. „So haben wir mehr Zeit, unsere Kreativität optimal einzusetzen“, freut sich Peter Rubeck.

In diesem Jahr steht die Solarwärme im Mittelpunkt der Zusammenarbeit. „Aktion Wärme von der Sonne“ heißt die Kampagne, die BSi und BMU in diesem Sommer gemeinsam mit 30 Initiativen durchführen. Ziel ist es, ein größeres Bewusstsein für die solare Wärmeerzeugung zu schaffen, die durch den derzeitigen Photovoltaikboom in den Hintergrund gerückt ist. Die Projektträger unterstützen die Akteure bei Solarwärmeaktionen unter anderem mit Marketing-Materialien wie Flyern und Plakaten. Sie zeichnen sich durch ein einheitliches Erscheinungsbild aus, lassen jedoch immer auch Raum, individuell zu informieren. Auf der Titel- und Rückseite der Aktionszeitung zum Beispiel erfahren die Leser mehr über die jeweilige Solarinitiative vor Ort, im Innenteil finden sie Berichte und Interviews über Klimaschutz und erneuerbare Energien.

Die Aktionen, die in diesen Wochen von Wedel an der Elbe bis Lörrach im Schwarzwald, von Dormagen im Rheinland bis Altenberg in Sachsen laufen, spiegeln das hohe Engagement, das Talent zum Netzwerken und die Kreativität wieder, die die Initiativen seit jeher auszeichnen. Ganze Aktionsbündnisse werden da vor Ort geschlossen: mit Handwerksbetrieben und Energieagenturen, Schülern und Lehrern, Politikern und Banken, um hier nur einige zu nennen. Zu den gemeinsamen Aktivitäten gehören „Klassiker“ wie Infostände, Tage der offenen Tür und Fachvorträge, bunte Aktionen wie Luftballon- und Fotowettbewerbe, Solarfeste mit Bungee-Jumping ebenso wie neue, sehr ambitionierte Projekte.

So hat das Chiemgauer Aktionsbündnis die Initiative „Sonnenwärme von Watzmann bis zum Wendelstein“ ins Leben gerufen, mit der es die Kollektorfläche in der Region verzehnfachen will. In Bürstadt hat Erhard Renz Landrat Matthias Wilkes zur „Solarwette“ herausgefordert. Schafft der CDU-Politiker es, die Leistung der 5-Megawatt-Photovoltaikanlage innerhalb eines Jahres durch Solarwärmeleistung zu überbieten oder schafft er es nicht? Dabei helfen ihm „Solardetektive“ von Schulen, die die Straßen durchkämmen und bestehende Anlagen in Luftaufnahmen einzeichnen.

Derweil arbeitet die Initiative Ziel 21 aus Fürstenfeldbruck bei München weiter an ihrer lokalen Energiewende. Bis 2030 wollen sie der erste Landkreis sein, der sich allein aus erneuerbaren Energien versorgt. Am 4. und 5. November wird aber erst einmal gefeiert. Dann findet im Kloster Fürstenfeld die 2. Bundeskonferenz regionaler Solarinitiativen statt, zu der mehrere hundert Gäste erwartet werden.

www.waerme-von-der-sonne.de