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Archiv-Artikel

Regierungen der EU-Staaten knicken vor Gas-Lobby ein

ENERGIE Auf Wunsch der Niederlande nimmt die EU Gas in den Förderkatalog für saubere Energien auf

Von RU

BRÜSSEL taz | Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union wollen Milliarden Euro an Forschungsgeldern, die ursprünglich für erneuerbare Energien vorgesehen waren, in die Förderung von Erdgas stecken. Darauf einigten sich ihre Vertreter gestern in Brüssel. In dem verabschiedeten Papier heißt es, dass „Gas kurz- und mittelfristig zur Transformation des Energiesystems beitragen kann“.

5,6 Milliarden für Sonne & Co

Im Zeitraum von 2014 bis 2020 hat die Europäische Kommission ursprünglich 5,6 Milliarden Euro für die Förderung von „sicherer, sauberer und effizienter Energie“ vorgesehen. In ihrem Vorschlag fielen darunter ausschließlich Projekte zur Steigerung der Energieeffizienz, von erneuerbaren Energien aus Sonnen-, Wind- oder Wasserkraft, der Ausbau von Stromnetzen und die Entwicklung von Speichermöglichkeiten von Kohlendioxid.

Die Mitgliedsstaaten hatten dem zunächst informell Ende Mai zugestimmt. Nun haben die Regierungen aber überraschend auch Erdgas, wie Kohle und Erdöl eine fossile Energiequelle, explizit in diese Liste aufgenommen.

Nach Angaben von EU-Diplomaten hatte die niederländische Regierung darauf gedrängt und die übrigen 26 Staaten überzeugt. Erdgas ist in dem Polderland eine wichtige Energiequelle. Die Niederländer wollen mit dem Zusatz ihren Anteil am Förderkuchen vergrößern.

Parlament entscheidet

Vertreter der erneuerbaren Energien in Brüssel verurteilen die Ausweitung der EU-Förderung auf Erdgas. „Seit den 80er-Jahren werden mehr als 50 Prozent des EU-Forschungsbudgets für Atomenergie ausgegeben. Jetzt wäre die Gelegenheit gewesen, mehr Gelder für erneuerbare Energien umzuschichten. Ich bedaure sehr, dass die Minister vor der Gaslobby eingeknickt sind“, sagt Stephane Bourgeois vom Verband der Europäischen Windenergie.

Die britische Zeitung Guardian hatte zuvor von einer massiven Lobbyarbeit der Gasindustrie berichtet. Das letzte Wort ist bei der Geldvergabe aber noch nicht gesprochen. Das Europäische Parlament muss dem Ratsvorschlag nämlich noch zustimmen. Die Verhandlungen sollen bis zum Ende dieses Jahres abgeschlossen sein. RU