brief des tages
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Autoblockade vor Gericht

„Klebrige Angelegenheit“, taz vom 2. 9. 22

Wenn man den Argumentationen der Richter weiter folgt, dann nötigen wir (womit ich hier „uns, die Autofahrer“ meine) uns selber, beziehungsweise werden jeden Tag genötigt: Durch selbst verschuldete Unfälle, die hätten vermieden werden können, durch völlig bescheuerte Baustellenplanungen oder durch bewusstes „Vergessen“ von notwendigen Sanierungen von Brücken. Eigentlich müssten wir jetzt alle Menschen, die dafür verantwortlich sind, vor Gericht stellen und der Reihe nach aburteilen.

Es ist schon komisch, wenn Autofahrende stundenlanges Herumstehen im Stau akzeptieren, aber bei einer bewussten Blockade durch „natürliche Feinde“ ausrasten.

Mich stimmt es schon sehr nachdenklich, mit welcher Inbrunst und Hingabe „der Staat“ die Demonstrierenden verfolgt – verglichen zum Beispiel mit der Ignoranz gegenüber systematischem Betrug beim Lobbyismus oder dem Wegschauen bei den letzten Finanzskandalen (siehe Warburg-Bank). Wie viele Bauern wurden eigentlich verurteilt, die in den letzten Monaten mit ihren Traktoren-Konvois die Straßen blockierten?

Udo Siebrasse, Gelsenkirchen