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Archiv-Artikel

Raus aus der Idylle

KULTUR Das Figurentheater geht nach 22 Jahren erstmals nicht im Schnoor in die neue Spielzeit. Im Waller Volkshaus ist Platz für 130 Zuschauer

Von FEZ
Ohne die Verknüpfung von Pädagogik und Kultur gäbe es das neue Theater nicht.

Wenn das Figurentheater Theatrium immer mal als „Kleinod der bremischen Theaterszene“ gepriesen wurde, dann galt das im doppelten Wortsinne: Einmal sind da die großen Theater – das am Goetheplatz und die Shakespeare Company –, neben denen das Theatrium ein per se kleines Haus ist. Und dann war da der Platz. Im Packhaus im Schnoor konnte es nie mehr sein als ein winziges Od.

Damit ist es jetzt vorbei, seit gestern hat das Fünf-Personen-Ensemble um Detlef-A. Heinichen Platz im ehemaligen Casino des Waller Volkshauses an der Hans-Böckler-Straße. Ein Zuschauerraum mit 130 Plätzen und Guckkastenbühne ist dort entstanden, für zunächst 15 Jahre vermietet von der landeseigenen Immobiliengesellschaft Immobilien Bremen.

Ein spannungsreicher Ort könnte das werden, „mitten im Kiez“, wie Hainichen sagt, also nicht mehr – wie seit 22 Jahren – im Schnoor. Er mache da gerne Theater, wo Menschen wohnen, sagt Hainichen, aber die Umgebung wollen sie sich erst erarbeiten. Es sei (noch) nicht zu erwarten, dass sie sogleich aufs Programm abstrahle. Dann ist da, im selben Gebäude nebenan, das Amt für soziale Dienste beheimatet; auch das eine besondere Umgebung für ein Theater, das ja seit jeher Trauriges und Ernstes, Heiteres und Beschwingtes – Theater, das ist das Leben – im Spielplan hat. Aber die Wahl des mächtigen Klinkerhauses entsprang weniger einer programmatischen Ausrichtung, sondern vielmehr der Suche nach mehr Platz mit mehr Möglichkeiten.

Eine umfassende Sanierung des Volkshauses-Casinos, sagte Oliver Bongartz von Immobilien Bremen, sei dringend nötig gewesen. 670.000 Euro kostete der Umbau, das Wenigste davon die Theatereinrichtung. Dass in Zeiten knapper Kassen ein Theater quasi neu entsteht, ist auch den theaterpädagogischen Möglichkeiten des neuen Hauses zu verdanken. Gäbe es da nicht den von Hainichen liebevoll „Frühstücksraum“ genannten Raum hinter der Bühne, dann, sagte Ursula Siefken-Schulte, die beim Kultursenator für Theater und Musik zuständige Referatsleiterin, „hätten wir das niemals durchgekriegt“. Wie die Kammerphilharmonie an der Gesamtschule Ost oder die Verbrüderung der Shakespeare Company mit der Schule am Leibnizplatz bedarf es heutzutage der Verknüpfung von Pädagogik und Kultur, damit Letztere bestehen kann. In Zukunft sollen auf alten Holzbänken aus dem Packhaus-Theater Schulklassen zur Vor- und Nachbereitung zusammenkommen. Und wenn sie aus dem Umland kommen und morgens noch nichts zu Essen hatten, dann können sie dort eben auch frühstücken.

Eröffnungsfeier des neuen Theatriums ist am morgigen Donnerstag ab 19 Uhr, die erste Premiere am Tag darauf mit „Im Schatten einer Diva“ – das Leben Marlene Dietrichs mit Schau- und Schattenspiel, Figurentheater und Musik. FEZ