: Menetekel für Franzl
Schweizer Gardist bei Papstaudienz gefallen
An einem Mittwoch vor genau 42 Jahren, im Sommer des Jahres 1980, bereitete sich der künftige Wahrheit-Redakteur auf einer Rom-Reise das Vergnügen, im Vatikan an der berühmten Generalaudienz des Papstes auf dem Petersplatz teilzunehmen. Damals war noch die polnische Kartoffel Johannes Paul II. im Amt und ließ sich von den begeisterten Massen feiern.
Die Generalaudienz ist eine Mischung aus Popkonzert, Kommunionfeier und Saunagang. Vom Popen als Popstar ließ sich der damals bereits unverbrüchliche Jung-Agnostiker allerdings nicht blenden, vielmehr bewunderte er die wackeren Kämpen der Schweizer Garde, die seit 1506 an der Seite des Papstes standen, mit ihren Hellebarden schon etwas hermachten, vor allem aber der südländischen Hitze unter ihren Eisenhelmen mit den roten Puscheln tapfer trotzten.
Einen Heidenrespekt hatten auch die kreischenden Massen vor den Schweizern und ihren Spießen, deren „Mannstoppwirkung“ gern von Militärexperten hervorgehoben wird und von denen niemand gern in den Arsch gepikst werden möchte.
Umso stärker war gestern unser Mitgefühl, als uns ein erschütterndes Bild der Nachrichtenagentur Reuters erreichte, das einen Schweizer Gardisten in blaugelber Gala-Uniform zeigte, der bei der Mittwochsaudienz neben dem Papst plötzlich zu Boden ging und auf seine Hellebarde fiel. Franziskus schaute recht belämmert aus der weißen Wäsche. Ob es ein Menetekel für die katholische Kirche war? Ein düsteres Vorzeichen für die Zukunft der Kurie? Wenn selbst die strammen Schweizer im Vatikan nicht mehr aufrecht bleiben?
Zum Glück gab es ziemlich schnell Entwarnung, und Papst Franzl konnte seine Show fortsetzen. Schuld waren wohl die Saunatemperaturen des Hitzesommers, die den Hellebardisten fällten. Dem Gefallenen ging es später jedenfalls bereits wieder besser. Dann sind ja alle beruhigt, besonders wir Agnostiker in der Wahrheit, wollen wir doch auch künftig nicht auf einen unserer beliebtesten Showtempel und seine heißen Akteure verzichten.
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