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Christoph Schmidt-Lunau über rechte Umtriebe bei Frankfurter PolizeiNichts dazugelernt

Keine Frage, auch Spitzenpolitiker brauchen Urlaub und Erholung. Die enge Taktung ihres Arbeitsalltags, die vielfältigen Aufgaben und die große Verantwortung fordern ihren Tribut. Doch es gibt geringere Anlässe für Spitzenpolitiker, ihren Urlaub zu unterbrechen, als den neuen Polizeiskandal in Hessen. Innenminister Peter Beuth (CDU) ließ sich bei der Sondersitzung des Innenausschuss im hessischen Landtag vertreten.

Seit vier Jahren hat Beuth es verschärft mit Krisen zu tun und bekommt sie nicht in den Griff: illegale Datenabfragen von Polizeicomputern im Fall der NSU-Drohschreiben, rechte Chatgruppen in der Polizei, ausgeräumte Waffenarsenale, Verdächtige wurden aus der Polizei gewarnt. Beuth informierte Parlament und Öffentlichkeit stets zögerlich, redete klein und musste sich schließlich korrigieren.

Seit zwei Jahren verspricht er nun eine neue Führungs- und Fehlerkultur bei der hessischen Polizei. Und dann das: Ein Vollzugsbeamter traut sich nach langem Zögern, auf einen Kollegen aufmerksam zu machen, der offenbar NS-Symbole in Chats verbreitete. Acht Wochen lang ermitteln Landeskriminalamt und Staatsanwaltschaft verdeckt, wie es sich gehört. Dann gibt ein eigentlich für den korrekten Umgang mit Dienstvergehen zuständiger Vorgesetzter den Kollegen von Fahndung und Kommissariat einen Tipp. Die wiederum warnen ihre KollegInnen, auf die die Ermittlungen möglicherweise ausgeweitet werden könnten, verbunden mit dem freundschaftlichen Rat, eventuell strafbare Inhalte aus den Diensthandys zu löschen.

Strafvereitlung und Vertuschung im Amt – nach der Vorgeschichte. Wenn das keine Chefsache ist. Der Minister selbst hätte den Parlamentariern jetzt Rede und Antwort stehen müssen. Denn wenn Vorgesetzte im Frankfurter Polizeipräsidium auch vier Jahre nach den ersten Negativschlagzeilen über rechtsextreme Umtriebe in den eigenen Reihen immer noch lieber vertuschen, als aufzuklären, erweist sich das Versprechen der angeblich neuen Führungs- und Fehlerkultur als hohle Phrase oder frommer Wunsch.

inland

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