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Archiv-Artikel

„Alles andere als zukunftsträchtig“

Nicht verfassungsgemäß in mehrfacher Hinsicht, ungerecht, rückwärts gewandt, eine Mogelpackung – die Grüne Silvia Schön hat viel Kritik am Studienkontengesetz, das Gebühren für Auswärtige, nicht aber für Bremer vorsieht

Von sgi

Bremen taz ■ Landeskinder studieren 14 Semester gratis, Studis von außerhalb zahlen ab dem dritten Semester 500 Euro Studiengebühren, so sieht es das neue Studienkontengesetz vor, das die Wissenschaftsdepu vergangenen Freitag verabschiedete. Silvia Schön, wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen, erläutert ihre Kritik an dem Gesetz.

taz: SPD und CDU freuen sich beide über ihr Gesetz. Die Grünen nicht – warum nicht?

Silvia Schön: Sowohl der Innen- als auch der Justizsenator halten das Gesetz für nicht verfassungskonform. Studierende, die in Hamburg studieren, aber nicht dort wohnen, haben dagegen geklagt und im Eilverfahren auch Recht bekommen. Ich glaube, der erste, die gegen dieses Gesetz klagt, wird Recht bekommen. Hinzu kommt das Gebührenrecht: Gebühren müssen der Lehre zugute kommen, das hat das Bundesverfassungsgericht gesagt. In Bremen ist das aber nicht zwangsläufig der Fall: Es kann auch der Verwaltungsaufwand damit bezahlt werden – das ist gegen das Gebührenrecht. Die Studierenden zahlen dann nicht für eine bessere Lehre, sondern für die Verwaltung.

Was ist inhaltlich auszusetzen?

Der Entwurf ist ungerecht. Wer ein einfaches Bachelorstudium innerhalb der sechs Semester Regelstudienzeit absolviert, hat viele Freisemester. Aber wer per se schon ein langes Studium hat und angesichts der Zustände an den Hochschulen kaum in der Regelzeit fertig werden kann, ist im Nachteil. Unter anderem deshalb plädieren wir Grünen nach wie vor für ein gebührenfreies Erststudium. Außerdem sind die großen Themen derzeit Internationalisierung und Mobilität – tatsächlich aber wurde mit diesem Gesetz eine Insellösung verabschiedet, die darin alles andere als zukunftsträchtig ist.

Was wird dieses Gesetz den Hochschulen bringen?

Vor allem Umstände. Mit Hochschulpolitik hat es nämlich nichts zu tun. Auf diesem Gesetz müsste im Grunde stehen: „Gesetz zur Gewinnung von Neubürgern, zu vollziehen durch die Hochschulen“. Denn die haben die Arbeit, aber keinen Nutzen. Man nimmt zudem einseitig eine Gruppe für die Haushaltsnotlage in Haft. Mit dem gleichen Argument könnte man TheaterbesucherInnen den vollen, statt des subventionierten Preises abverlangen.

Jeder, der außerhalb wohnt, hier studiert und halbwegs schlau ist, wird sich hier eine Meldeadresse besorgen.

Genau: Letztendlich wird mit dem Gesetz billigend in Kauf genommen, dass nicht nur im Einzelfall die Meldegesetze umgangen werden. Interview: sgi