: Unnötige Belastung
FLUGHAFEN Die Lufthansa-Tochter Germanwings streicht Flüge ab Schönefeld. Der Mutterkonzern will sein Angebot trotzdem allein im überlasteten Tegel abwickeln
■ Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) bekommt am heutigen Freitag Besuch von zwei Grünen-Abgeordneten: Die schauen um 9 Uhr im Roten Rathaus vorbei, um sich vertrauliche Akten zum Flughafenchaos anzuschauen. Das hatten die Grünen schon im Mai gefordert. In einem abgesicherten Raum können sich Fraktionschefin Ramona Pop und Andreas Otto die Papiere anschauen, ohne Handy oder Aufzeichnungsgeräte. Notizen sind erlaubt, müssen aber nachher im Raum bleiben. Nach fünf Stunden wollen die Grünen vor dem Rathaus verkünden, welche Schlüsse sie daraus ziehen. Erwartbar ist, dass sie entweder große Versäumnisse feststellen und Wowereit ankreiden oder die Aktenlage für unzureichend erklären und fordern, mehr Material freizugeben. (sta)
VON JOHANNES KULMS
Der neue Großflughafen BER ist am 3. Juni nicht in Betrieb gegangen – wohl aber der neue Flugplan der Lufthansa. Die Airline wirbt mit zahlreichen neuen Verbindungen vom Flughafen Tegel. Gleichzeitig hat die Konzerntochter Germanwings ihre Berlin-Verbindungen in Schönefeld um die Hälfte reduziert.
„Lufthansa beflügelt Berlin mit der umfänglichsten Flugplan-Erweiterung, die die größte Airline jemals an einem Standort in einem Schritt vollzogen hat“, schreibt der Konzern in einer Pressemitteilung. Tatsächlich bietet die Airline seit dem 3. Juni 28 neue Flugziele an, noch im Januar waren es nur 8 Direktverbindungen. Auch Verkehrssenator Michael Müller (SPD) dankt „für das Festhalten an der Flugplan-Erweiterung“.
Doch das Engagement stottert ein bisschen. Die Zahl der zusätzlichen Flüge steigt nur bedingt: von durchschnittlich 70 auf nun 90 pro Tag, wie Lufthansa-Sprecher Wolfgang Weber sagte. Denn von den insgesamt 39 Flugzielen werden 10 nur ein- oder zweimal die Woche angeflogen. Zudem hat die Lufthansa-Tochter Germanwings ihre Direktflüge vom Flughafen Schönefeld von 16 auf 8 halbiert. 2 der Flugziele werden lediglich im Hochsommer bedient, wie Germanwings-Sprecher Heinz Joachim Schöttes der taz bestätigte. „Diese Entscheidung ist seit langer Zeit mit der Lufthansa abgestimmt“, so Schöttes. Germanwings bleiben insbesondere innerdeutsche Verbindungen nach Köln, München und Stuttgart.
Am chronisch überlasteten Flughafen Tegel ist das von vielen Seiten befürchtete Chaos bisher ausgeblieben. Die Zahl der Flugbewegungen stieg in der Woche vom 4. bis zum 10. Juni jedoch um 81. Gleichzeitig sank die Zahl der Flüge in Schönefeld um 54. Das dürfte vor allem mit den Streichungen bei Germanwings zusammenhängen.
Nach Auskunft der Flughafengesellschaft ist keine Airline von Tegel nach Schönefeld umgezogen. „In den Spitzenzeiten gibt es auch in Schönefeld eine hohe Auslastung“, sagte Flughafensprecher Leif Erichsen zur taz. In den „Wellentälern“ sei jedoch noch Platz für zusätzliche Flüge. Spielraum, um sowohl verlängerte Passagierschlangen in Tegel, die begrenzten Parkflächen für die Flieger als auch die Anwohner im Norden Berlins zu entlasten, die nun neun Monate länger als bisher vorgesehen Fluglärm ertragen müssen.
Großes Wartungszentrum
Seit dem 3. Juni hat die Lufthansa sechs weitere Flugzeuge in Tegel stationiert, wo die Maschinen auch gewartet werden. Dabei unterhält die Airline in Schönefeld ein eigenes Wartungszentrum, das sogar größer ist als das in Tegel. Ein Teilumzug nach Schönefeld kommt für die Lufthansa jedoch nicht in Frage. „Das wäre zu teuer und unseren Passagieren nicht zumutbar“, sagt Lufthansa-Sprecher Weber.
Jetzt stehen die Sommerferien vor der Tür, und der September ist der flugverkehrsreichste Monat im Jahr. Sorge bereitet aber vor allem der Winter. „Wenn wir die Maschinen enteisen müssen, kann es zu Verspätungen kommen, die nicht immer aufholbar sind“, sagte Flughafensprecher Erichsen. „Wie es im Winter läuft, ist ungewiss“, warnte auch Lufthansa-Sprecher Wolfgang Weber. „Dass es eng wird, wissen wir alle.“