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„Ohne die Leute dort ging es nicht“

Im Film „Kleinod vor dem Umbruch“ erkunden Ulrike Hartwig und Sebastian Nagel Vergangenheit und Zukunft des Dragonerareals

Interview Peter Nowak

taz: Frau Hartwig, Herr Nagel, warum ein Film über das Dragonerareal?

Ulrike Hartwig: Wir wohnen und arbeiten schon fast 20 Jahre in der Nähe, haben aber das Gelände erst 2019 näher kennengelernt. Damals haben wir mitbekommen, dass hier ein Modellprojekt mit bezahlbaren Wohn- und Gewerbemieten entstehen soll. Das wollten wir uns ansehen. Dabei haben wir dann erfahren, dass das Dragonerareal eine längere Geschichte hat. So kam uns die Idee für den Film.

Haben Sie vorher schon Filme gemacht?

Sebastian Nagel: Nein. Wir sind eigentlich Tontechniker­Innen und arbeiten seit 2001 in der Musikproduktion. „Kleinod vor dem Umbruch“ ist unser erster Film. Er kam eigentlich nur zustande, weil wir während der Coronapandemie von einem Tag auf den anderen keine Aufträge mehr hatten.

Wie haben Sie den Film finanziert?

U.H.: Uns war es wichtig, den Film ohne kommerziellen Verwertungsdruck zu machen, um komplett unabhängig arbeiten zu können. Darum haben wir eine Crowdfunding-Aktion gestartet. Deshalb wird der Film, nachdem er einige Monate in Kinos und Veranstaltungen gelaufen ist, auf der Filmwebseite online für alle verfügbar sein.

Kleinod im Kino

Aus dem Dragonerareal in Kreuzberg wird ein Modellprojekt für Wohnen und Arbeiten. Über den Stand wird am 19. Juli von 18-20 Uhr im Kiezraum auf dem Areal informiert.

Der Film: 19. 7., 19.30 Uhr, Sputnik Kino; 27. 8. Freiluftkino Hasenheide. Mehr: kleinod-vor-dem-umbruch.de. (taz)

Was wollten Sie in dem Film zeigen?

U.H: Als wir mit den Filmaufnahmen anfingen, ging es uns eigentlich nur um das Gelände. Aber schnell wurde uns klar, dass eine Betrachtung des jetzigen Dragonerareals ohne die Menschen, die dort arbeiten, unvollständig wäre. Wir haben dann sehr viel Zeit mit Geländeaufnahmen verbracht, konnten dadurch viele Facetten zu allen Jahreszeiten einfangen und haben außerdem viele Gespräche und Interviews mit den Nutzer­Innen des Areals geführt.

War es schwierig, die vor die Kamera zu bekommen?

S.N.: Zunächst hatten wir mit den Initiativen und den Künstler­Innen Kontakt. Danach kamen wir dann mit den unterschiedlichen Gewerbetreibenden auf dem Gelände ins Gespräch. Es gab natürlich auch Leute, die nicht vor die Kamera wollten. Das ist ihre Entscheidung, die wir respektieren.

In Ihrem Film gehen GesprächspartnerInnen auf die Erschießung von Besetzern der SPD-Zeitung Vorwärts am 11. Januar 1919 durch Freikorps auf dem Dragonerareal ein. Andere erzählen von einem Zwangsarbeitslager während der NS-Zeit. War Ihnen diese dunkle Seite der Geschichte des Geländes vorher bekannt?

Ulrike Hartwig, 48, ist Mediengestalterin,Sebastian Nagel, 43, Tontechniker. Die beiden Regisseur*-innen des Films „Kleinod vor dem Umbruch“ leben in Berlin.

S.N.: Wir hatten anfangs keine Ahnung von der Geschichte, aber wir wurden dann sehr kompetent beraten und unterstützt von den Menschen, die sich seit Jahren mit der Geschichte des Areals befassen und die Errichtung eines Gedenkorts fordern.

Während manche Ihrer GesprächspartnerInnen von einem Modellprojekt für eine Stadtentwicklung von unten sprechen, gibt es auch kritische Stimmen, die eher enttäuscht über die Entwicklung auf dem Dragonerareal sind. Wie schätzen Sie die Perspektiven des Projekts ein?

U.H.: Wir positionieren uns dazu bewusst nicht. Uns ging es immer nur um die Dokumentation des Geländes. Wir zeigen zwar kurz die unterschiedlichen Einschätzungen der verschiedenen AkteurInnen mit ihren jeweils unterschiedlichen Perspektiven, aber die Meinung dazu muss sich jeder selbst bilden.

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