: Benin-Bronzen
Die Restitutionsdebatte setzt nun konkrete politische Prozesse in Gang. Kulturstaatsministerin Claudia Roth und Außenministerin Annalena Baerbock unterzeichnen an diesem 1. Juli zusammen mit dem nigerianischen Kulturminister, Lai Mohammed, sowie dem Staatsminister für Auswärtige Angelegenheiten, Zubairo Dada, eine Absichtserklärung, die den Weg für Eigentumsübertragungen der sogenannten Benin-Bronzen freimacht.
Damit geht Deutschland in der Frage um die Restitution von Kulturgütern einen ähnlichen Weg wie Belgien. Das hat im letzten Jahr per Gesetz entschlossen, das Eigentum aller Objekte aus dem Gebiet der heutigen Demokratischen Republik Kongo, die aus einem kolonialen Unrechtskontext stammen, an das zentralafrikanische Land zu übertragen.
Die bilateral ausgehandelte Erklärung ist nun ein vertragliches Instrument, mit dem die geschätzt 1.100 Objekte aus dem historischen Königreich Benin in über 20 deutschen Museen mit ihren jeweils eigenen öffentlichen Trägerschaften juristisch an Nigeria übertragen werden können. Das bedeute jedoch nicht ihren sofortigen Abtransport. Man wolle auf nigerianischer Seite gemäß Aussage des Auswärtigen Amts die Objekte häufig in der Obhut der deutschen Museen lassen, bis ein geeigneter Aufbewahrungsort in Nigeria vorhanden ist. In dem westafrikanischen Land werden gerade mehrere Museumsneu- und -umbauten geplant, an denen auch Deutschland beteiligt ist.
Die Benin-Bronzen sind emblematisch für die allgemeine Debatte um eine Restitution von Kulturgütern, die während der Kolonialzeit massenhaft in deutsche Museen gelangt sind. Nigeria, der Nachfolgestaat des historischen Königreichs Benin, hatte bereits in den 1970er Jahren in Deutschland erfolglos darum gebeten, einige seiner historischen Kunstwerke zurückzuerhalten. Die Provenienz der Benin-Bronzen in vielen deutschen Sammlungen verdeutlicht auch die Unrechtmäßigkeit ihres Besitzes. Europäische und US-amerikanische Museen erwarben sie zumeist auf dem Londoner Kunstmarkt, nachdem britische Truppen 1897 das historische Königreich Benin brutal geplündert hatten. Die Illegitimität ihres Besitzes ist letztlich auch die Grundlage für ihre jetzige Restitution an Nigeria. In den ethnologischen Sammlungen in Deutschland aber lagern noch viele andere Bestände, deren Provenienzen bislang unerforscht sind. Sophie Jungargumente
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