: Unsere Stars für Kiew
Abwehr, 23 Jahre alt, 20 Länderspiele, Nummer 14
Kopf: Holger Badstuber, so ähnlich sagt er es selbst, besteht zu 100 Prozent aus Fußball. Wenn er frei hat, was macht er? Er spielt Fußball – in echt oder vor dem Bildschirm. Und sonst? Abwarten, der junge Mann wird schon noch etwas erleben.
Beine: Wenn über die Probleme der Abwehr des deutschen Teams gesprochen wird, klammert man den Innenverteidiger des FC Bayern, bei dem er seit der C-Jugend spielt, meistens aus. Er gilt inzwischen als sicherer Bollwerkbauer und steht meist richtig. Dafür hat er seit der WM 2010, für die er gleich nach seiner ersten Profisaison berufen wurde, körperlich viel getan. Er wiegt jetzt 84 Kilo – 6 Kilo mehr als 2010. Einen Badstuber wirft so schnell niemand mehr um. Wichtig: Die Spieleröffnung beherrscht er wie kaum ein anderer auf seiner Position. ARUE
Mittelfeld, 23 Jahre, 6 Länderspiele, Nummer 15
Kopf: Er ist der Zwilling, der mitdarf. Die Geschichten von der Trennung des eineiigen Bruderpaars (Sven: „Wir sind uns privat nie auf die Nerven gegangen“) sind geschrieben. Der Dortmunder Sven darf Deutscher Meister bleiben, Lars darf Europameister werden. Und getrennt sind die gebürtigen Rosenheimer eh schon länger. Bis 2009 haben sie zusammen bei 1860 München gespielt. Dann ging Sven nach Dortmund und Lars nach Leverkusen. Geschadet hat ihnen die Trennung eher nicht. Beine: Lars kann das Gleiche wie Sven (kein Wunder, dass nur einer im Kader steht): den Überblick behalten, wenn die Gegner kommen, Bälle erobern. Lücken erkennen, den Ball sichern und ihn sicher weiterspielen. Das kann er nicht ganz so gut wie wie die gesetzten Sechser Schweinsteiger und Khedira. Bender fährt als Ersatzspieler zur EM. ARUE
Abwehr, 23 Jahre, 21 Länderspiele, Nummer 20
Kopf: Es war der ansonsten eher zurückhaltende Jérôme Boateng, der sich als erster deutscher Nationalspieler öffentlich outete – er bekannte sich zu seiner Fehlsichtigkeit und sieht dank Kreativenbrillen-Basecap-Kombi nun aus wie ein New Yorker Intellektueller. Der Rest steht im gerade erschienenen Buch „Die Brüder Boateng“, das die Jugend von Jérôme und seinen wilden Halbbrüdern Kevin-Prince und George in Berliner Fußballkäfigen als „drei deutsche Karrieren“ erzählt.
Beine: Beim FC Bayern darf Boateng inzwischen dort spielen, wo er sich am wohlsten fühlt: in der Innenverteidigung. Im Nationalteam wird er auf den Flügel ausweichen, vor allem wenn Lahm über links kommt. Dort kann Boateng sein Tempo ausspielen, und es fällt weniger ins Gewicht, wenn er sich mal wieder eine kapitale Unkonzentriertheit erlaubt. MBR
Angriff, 26 Jahre, 52 Länderspiele, Nummer 23
Kopf: Er ist der haargegelteste Star, der sich überhaupt denken lässt. Selbst nach körperlich anstrengenden Spielen sieht er aus wie aus dem Ei gepellt. Gomez, dessen Stil früher stets unter Vorbehalt gelobt werden konnte, weil er sich nur aufs Ausputzen und Schönschießen zu verstehen schien, ist inzwischen ein athletischer, moderner Kicker geworden, der aber immer noch prima Situationen vor dem gegnerischen Tor lesen kann. Alles eine Frage des Erwachsenwerdens und der Mentalität bei diesem Mann aus Riedlingen!
Beine: Die Füße schlank und lang, man hat das Gefühl, er trüge Schuhe von Größe 55. Trifft den Ball stets noch in letzter Hundertstelsekunde, ist schnell und inzwischen auch mannschaftsdienlich. Löst nicht mehr selbst verursachten Divenalarm aus und ist auch nicht mehr so nervös, wie er es früher oft war. JAF
Mittelfeld, 20 Jahre, 14 Länderspiele, Nummer 19
Kopf: Arsenal wollte 40 Millionen Euro für ihn zahlen. Irgendwas wird das in seinem Kopf gemacht haben. Sehen kann man nicht, was es ist. Seit er neun Jahre alt war, spielt er für den BVB, hat bis 2016 verlängert. Das dürfte gut sein für seinen Kopf. Manchmal wecken Goetzes ruhige, furchtbar nette Art und sein glatter Blog den Wunsch, ihn zu schütteln und zu provozieren, um zu sehen, ob da auch ein paar böse Emotionen sind. Aber vermutlich wäre das verschenkte Liebesmüh.
Beine: Der „Wunderknabe“ behauptet, sich auf allen Positionen im offensiven Mittelfeld wohlzufühlen. Bisher hat das noch niemand widerlegt. Und seine Schambeinentzündung ist inzwischen auch auskuriert. Dortmund-Trainer Jürgen Klopp sagt über ihn: „Wenn Mario normal spielt, ist er gut. Wenn er gut spielt, ist er sehr gut.“ So einfach ist das. BÖ
Mittelfeld, 21 Jahre, 2 Länderspiele, Nummer 2
Kopf: Gündogan wirkt etwas introvertiert, ist aber ist ein sozialer Mensch. In Nürnberg lebte der gebürtige Gelsenkirchener in einer WG mit Mehmet Ekici, in Dortmund wohnt er in einem Haus mit Shinji Kagawa und Ivan Perisic. Den Sieg im DFB-Pokal feierte er mit einer türkischen Fahne, zugleich sagt er: „Ich bin stolz, für Deutschland zu spielen.“ Darum – und weil er Abitur hat – ist er inzwischen „Integrationspate der Bundesliga“.
Beine: Mit einer überragenden Rückrunde hat sich Gündogan in den EM-Kader gespielt. Er ist so ballfertig wie zweikampfstark. Seine Rückennummer hat er von einem anderen Deutschtürken geerbt: Serdar Tasci, der es bei der WM 2010 auf einen Einsatz in der Nachspielzeit brachte. Viel mehr dürfte es für Gündogan auch nicht werden. Die Konkurrenz auf seiner Position ist zu groß. DZY
Abwehr, 24 Jahre, 8 Länderspiele, Nummer 4
Kopf: Er ist der talentierteste deutsche Jugendspieler: Benedikt Höwedes hat am 29. Februar Geburtstag und hat demzufolge gerade mal die Zugangsberechtigung zur F-Jugend. Wundersamerweise spielt seit dem dreizehnten Lebensjahr auf Schalke und stieg in der vergangenen Spielzeit dank Kapitänsbinde endgültig zur Gelsenkirchener Leitfigur auf. Der Mann ist ein einziger Anachronismus.
Beine: Höwedes war in der letzten Bundesligasaison oft verletzt und verpasste auch die EM-Vorbereitung auf Sardinien. Er könnte als Backup für Rechtsverteidiger Jérôme Boateng aber noch wichtig werden, gerade weil der Münchner gern mal zu Ausfällen neigt. Höwedes gilt als solider, athletischer Spieler, ist aber im DFB-Team einer der Unerfahrensten. Wahrscheinlich wird er sich mit einem Platz auf der Ersatzbank arrangieren müssen. JSCH
Abwehr, 23 Jahre, 14 Länderspiele, Nummer 5
Kopf: Es wurmt die Bayern immer noch gehörig, dass sie ihn haben ziehen lassen. Hummels durchlief in München alle Nachwuchsstationen, bis Hermann Gerland zugriff und ihm den Weg in den Profifußball ebnete. Nach dem Wechsel 2008 ins Ruhrgebiet verkörperte er in den letzten Jahren wie kaum ein zweiter Spieler das Spielmodell und den Erfolg der Klopp’schen Philosophie.
Beine: Hummels ist der Idealtypus des modernen Innenverteidigers: agil, torgefährlich und passsicher. Er kommt fast ohne Fouls aus. Trotz international mäßiger Leistungen mit dem BVB in der Champions League dürfte er neben Badstuber gesetzt sein. Gemessen an Talent, Spielintelligenz und Kompaktheit ist er neben Lahm das Aushängeschild der deutschen Abwehr und könnte zur Not auch im defensiven Mittelfeld aushelfen. JSCH
Mittelfeld, 25 Jahre, 27 Länderspiele, Nummer 6
Kopf: Vielleicht weiß Khedira immer noch nicht so recht, wie er es in die Stammelf von Real Madrid geschafft hat. Aber er weiß, wie man sich als solcher verhält. Wenn er mit seiner Modelfreundin Lena Gercke irgendwo ist, wo auch Fotografen sind – auf einem Bett zum Beispiel, weiß er genau, wie er in die Kameras schauen muss: schön. Er ist ein echter Madrilene geworden.
Beine: Als Sechser vor der Abwehr ist er nicht nur für Joachim Löw immer wichtiger geworden. Dass Real Madrid in Spanien mal wieder Meister geworden ist, liegt auch an der Rolle, die Khedira für den Trainer José Mourinho spielt. Er ist Abräumer und einer der letzten Ballschlepper im Hochgeschwindigkeitsfußball. Weil er so schnell laufen kann, taucht er immer wieder auch ganz vorne auf und sorgt für Überzahl im Angriffsspiel. ARUE
Angriff, 34 Jahre, 116 Länderspiele, Nummer 11
Kopf: Der einst so schüchterne Deutschpole ist zum Kopf des deutschen Teams geworden. Er zählte zu den drei Spielern die sich zum Besuch der KZ-Gedenkstätte in Auschwitz anmeldeten. Klose ist ein Vorbild. Bei seinem Klub Lazio Rom können die Trainingskiebitze noch immer nicht glauben, dass dieser Kerl selbst die Ballnetze des Reserveteams in die Kabinen schleppt.
Beine: Zuweilen wird er noch auf seine Kopfballstärke reduziert. Ein Klischee, das leicht zu widerlegen ist. Kloses Füße sind weit mehr als nur zum Absprung nützlich: Nur 67 seiner 259 Tore hat er per Kopf erzielt. Wegen einer Knöchelverletzung musste er dieses Jahr lange pausieren, möglicherweise spielt deshalb Gomez von Beginn an. Klose ist allerdings ein Liebling des Bundestrainers. Kaum ein Stürmer arbeitet so fleißig nach hinten wie er. JOK
Mittelfeld, 22 Jahre, 26 Länderspiele, Nummer 18
Kopf: Das Wunderkind hat es geschafft. Niemand spricht mehr vom Talent Kroos, dem aus Schüchternheit der große Durchbruch nicht gelingt. Aus dem zurückhaltenden Jungen, der mit 16 Jahren aus Rostock nach München ging, ist ein Leitwolf in bester Effe-Manier geworden. Und zwar ganz ohne Maulaufreißen, sondern durch selbstbewusstes Auftreten auf dem Platz.
Beine: Fußballerisch ist Kroos so begnadet, dass für ihn sogar eine eigene Position erfunden wurde. Löw nennt ihn seinen Zwischenspieler, der sich seine Räume im Mittelfeld zwischen der 6 und der 10 selber schaffen soll. Seit seinem DFB-Debüt im März 2010 fehlte Kross kein einziges Mal und auch bei Bayern ist er unverzichtbar. Kaum jemand ist so flexibel einsetzbar, kann mehr am Ball und hat ein besseres Auge für seine Mitspieler. EPE
Abwehr, 28 Jahre, 86 Länderspiele, Nummer 16
Kopf: Der Kapitän empfiehlt seinen Vorgesetzten schon mal per Interview eine neue Spielkultur oder eine andere taktische Ausrichtung. An die Adresse des zögerlichen Bierhoff richtete er den Appell: Es würde dem Team gut zu Gesicht stehen, führe es nach Auschwitz. Und siehe da: Man fuhr. Seine Aussagen mögen oft taktisch sein, in einer Welt der Worthülsen wirken sie erfrischend offen.
Beine: Ist in der Defensive sehr flexibel. Kann links wie rechts in der Viererabwehrkette stehen. „Ich spiele da, wo mich der Trainer hinstellt“, sagt er. Interpretiert seine Rolle als Außenverteidiger sehr offensiv, sodass er im Spiel nicht selten ein halbes Dutzend Flanken in den Strafraum des Gegners schickt. Trotz seiner 1,70 Meter hat er schon so manches Luftduell mit einem Angriffsriesen gewonnen. Wie er das macht? Alles eine Frage des Timing. MV
Abwehr, 27 Jahre, 81 Länderspiele, Nummer 17
Kopf: Der Profi vom FC Chelsea taucht ja nicht so oft in des Gegners Strafraum auf, aber wenn er zum Beispiel nach einer Ecke die Rübe hinhält, ist das durchaus torgefährlich. Macht als Typ einen sehr aufgeräumten Eindruck, redet aber in Wirklichkeit auch viel unausgegorenes Zeug. So hätten die deutschen Spieler und Funktionäre immer sehr viel für die Menschenrechte getan, ließ er jetzt in Danzig wissen. Gegenfrage: Wann denn?
Beine: Hat O-Beine. Ist nicht weiter schlimm. Haben viele Fußballer. Nehmen wir nur Pierre Littbarski. Innenverteidiger Mertesacker, der seit einem Jahr beim FC Arsenal London spielt, musste in den vergangenen Wochen erst wieder auf die Beine kommen. Er hatte eine Verletzung. Aber jetzt fühlt er sich so fit und geschmeidig wie noch nie. Spielt sehr wahrscheinlich in der Startelf. MV
Mittelfeld, 22 Jahre, 27 Länderspiele, Nummer 13
Kopf: Müller hat als (einstmals) quirlige Offensivkraft bei dieser Europameisterschaft einen Ruf zu verteidigen: Er erhielt mit fünf Toren und drei Torvorlagen den „Goldenen Schuh“ bei der WM 2010 als bester Schütze. Er wurde seinerzeit auch als bester junger Spieler des Championats ausgezeichnet, und er war „Man of the Match“ in den Spielen gegen England und Uruguay. Doch zuletzt wirkte er formschwach und verzagt. Es besteht die Gefahr, dass die EM an ihm vorbeiläuft.
Beine: Sind spindeldürr. Überhaupt sieht Müller eher wie ein Leichtathlet aus und nicht wie ein Fußballspieler, der auch mal ein hartes Tackling vertragen muss. Ist aber immer enorm fleißig, verlässt seine Position im offensiven rechten Mittelfeld und hilft hinten aus. Ein Schuss Egoismus würde ihm sicherlich guttun. MV
Torwart, 26 Jahre, 26 Länderspiele, Nummer 1
Kopf: Früher hüpfte Neuer mit den Schalker Ultras wild im Block herum. Heute ist er die Vernunft in Person. Drucksituationen begegnet er mit einer erstaunlichen Tiefenentspannheit. Seine Statements formuliert er wohlüberlegt. All dies hat ihn mittlerweile zu einem beliebten Frontmann für diverse Werbekampagnen werden lassen.
Hände: Nach seinen Elfmeterparaden gegen Real Madrid ernannten ihn die Bosse des FC Bayern zum „Weltklassetorhüter“. Am Spiel des 1,93 Meter großen Manns gibt es in der Tat wenig auszusetzten. Seine Reflexe erinnern an Oliver Kahn. Den Strafraum beherrscht er zudem sicher. Die katapultartigen spieleröffnenden Abwürfe sind zu einem Markenzeichen von Neuer geworden. Schnitzer sind natürlich auch ihm schon unterlaufen – der letzte blöderweise im DFB-Pokalfinale. JOK
Mittelfeld, 23 Jahre, 33 Länderspiele, Nummer 8
Kopf: Wie gut, dass er mal beim Falschparken erwischt worden ist. So wissen wir Dinge über ihn, die er uns selbst nie erzählt hätte. Er fährt einen Ferrari mit über 550 PS. Ob er wirklich gern abends feiern geht, bleibt ungewiss. Die spanischen Zeitungen, die das berichten, titeln mit so großen Buchstaben, dass man ihnen nicht immer vertrauen sollte.
Beine: Özil ist das deutsche Spiel. Er steht richtig, hat entscheidende Ideen, ist schnell und kann mit dem Ball Dinge, die selbst seine Mitspieler staunen machen. Die Pausen, die er sich bisweilen nimmt, braucht er um den Kopf frei zu bekommen für den nächsten Geniestreich. Er ist die Nummer 10 bei Real Madrid. Führt er die deutsche Mannschaft zum Titel, dann beginnt ein historisches Gefecht. Özil könnte als bester Spieler aller Zeiten ins deutsche Fußballgedächtnis einziehen. ARUE
Mittelfeld, 27 Jahre, 97 Länderspiele, Nummer 10
Kopf: Ich darf nicht mit Journalisten reden. Ich darf nicht mit Journalisten reden. Ich darf nicht mit Journalisten reden. Ich darf nicht mit Journalisten reden. Ich darf nicht mit Journalisten reden. Darf nicht mit Journalisten reden. Darf nicht reden. Darf nicht … Aber bald bin ich ja groß.
Bein: Was Podolski im Kopf fehlt, ersetzt er durch vollen Körpereinsatz. Er ist schnell, wendig, energisch – immer 100 Prozent. „Poldi“ ist ein Kölscher Jung. Er hat schon 97 Länderspiele auf dem Platz verbracht, war mit 24 Toren Torschützenkönig der Zweiten Liga, brachte den 1. FC Köln in die erste Bundesliga. Mit dem erneuten Abstieg: Wechsel zu Bayern und dann doch wieder zurück nach Köln. Arsenal London hat ihn für rund 13 Millionen Euro den Kölnern abgekauft – das freut auch den englischen Autor Nick Hornby. IPP
Mittelfeld, 23 Jahre, 6 Länderspiele, Nummer 21
Kopf: Endlich wieder Youngster sein: Für Reus ist es das erste große Turnier, er ist Ersatzmann und kann, wohl zum letzten Mal in seinem Leben, als unbekannte Offensivkraft die Gegner überraschen. Hierzulande hat er sich hingegen schon dank 18 Bundesligatoren im vergangenen Jahr etabliert und wurde für die kommende Saison für viele Millionen von Meister Dortmund verpflichtet. Dennoch schafft er es, neben dem Platz unprätentiös und authentisch rüberzukommen. Noch.
Beine: Dribbelstark, passsicher, elegant, schnell, polyvalent – Reus passt wie Arsch auf Eimer zur Löw’schen Spielphilosophie des technisch anspruchsvollen One-Touch-Offensivfußballs. Da das deutsche Mittelfeld aber überbesetzt ist, könnte Reus auch ganz nach vorn rücken. Gerade in Kontersituationen sollte er seine Stärken ausspielen können. MBR
Abwehr, 24 Jahre, 6 Länderspiele Nummer 3
Kopf: Seine wilde Frisur pflegt er offensichtlich mit größter Sorgfalt. Schmelzer hat das Zeug zum Teenieschwarm. Wenn sich herumspricht, wie gern er Kniffel spielt, könnte er während der EM allerdings auch zum Liebling in den Seniorenheimen werden.
Beine: Im deutschen Kader ist er der einzige „Linksfuß“, der auf der linken Außenverteidigerposition spielen kann. Geholfen hat ihm das Alleinstellungsmerkmal wenig. Lediglich ein halbes Dutzend Länderspiele hat er bislang bestritten. Und nun wird der Bundestrainer vermutlich Lahm auf die Position des Dortmunders zwangsversetzen. Schmelzer ist zwar offensiv wie defensiv gut – für das Nationalteam aber nicht gut genug. Seine läuferischen Qualitäten sind indes unbestritten. Früher hätte das für die DFB-Stammelf dicke gereicht, heute bedeutet das einen Bankplatz. JOK
Mittelfeld, 21 Jahre, 14 Länderspiele, Nummer 9
Kopf: Erstmals machte Schürrle auf sich aufmerksam, als er 2010 bei einem Mainzer Sieg Luftgitarre spielend feierte. Dank seiner schlaksigen Figur und seiner unbekümmerten Art erinnert er Thomas Müller.
Beine: Schürrle ist schnell, beidfüßig und laufstark. Zwar spielte er vergangenes Jahr in Leverkusen nicht ganz so gut wie in Mainz, dafür klappte es im Nationalteam: 7 Tore in 14 Spielen sind, was Sportjournalisten eine „beachtliche Quote“ nennen – erst recht für einen Mittelfeldspieler und erst recht für einen, der in acht dieser Spiele eingewechselt wurde. Schürrle ist ein ernster Herausforderer für den im linken Mittelfeld gesetzten Podolski. Vielleicht wird man eines Tages sagen: Poldi hätte den Länderspielrekord von Lothar Matthäus geknackt, wenn da nicht dieser Junge aus der Pfalz aufgetaucht wäre. DZY
Mittelfeld, 27 Jahre, 90 Länderspiele, Nummer 7
Kopf: Über eine gewisse Spielintelligenz muss ein Sechser (defensives Mittelfeld) schon verfügen. Oder anders gesagt: „Schweini“ ist bauernschlau. Er lenkt das Spiel von hinten. Hat nicht selten die meisten Ballkontakte und rennt am weitesten während eines Spiels. Sollte gegen Portugal in der ersten Elf stehen – wenn die Wade hält. Recht interessant ist übrigens der Kopf neben Schweini. Der gehört Sarah Brandner, ihres Zeichens Model.
Beine: Wie gesagt. Hatte zuletzt ’ne malade Wade, das hielt ihn aber nicht davon ab, mit Frau Brandner nach Mallorca zu fliegen, was Zweifel an seiner professionellen Einstellung aufkommen ließ. Davon kann aber keine Rede sein, denn Schweinsteiger will nicht schon wieder Zweiter werden. Das sehen seine Kollegen vom Vizemeister, Vizepokalsieger und Vize-Champions-League-Sieger genauso. MV
Torwart, 30 Jahre , 6 Länderspiele Nummer 12
Kopf: Er könnte auch einen Doktor in Philosophie machen – sein Image als eher schlichter Solariumgänger wird Wiese in diesem Leben nicht mehr los. Sein Image der Kampfsau im positiven (kann Team und Fans mitreißen) wie negativen Sinn (verkörpert eine mitunter ungesunde Aggressivität) übrigens genauso wenig. Wobei Wiese entspannter geworden ist: Die Rolle als Ersatztorwart hat er schon bei der WM 2010 klaglos hingenommen.
Hände: Als Einserabsolvent der Gerry-Ehrmann-Torwartschule ist Wiese ein Reflextier sondergleichen, gilt als Elfmetertöter und kann gegnerische Stürmer im Eins-gegen-eins durch seine pure Ausstrahlung bezwingen. Die vom modernen, spieleröffnenden Keeper verlangten Fähigkeiten hingegen sind bei ihm nicht allzu ausgeprägt, so dass er in der Nationalelf mittelfristig ein Auslaufmodell ist. MBR
Torwart, 23 Jahre, 1 Länderspiel, Nummer 22
Kopf: Von der in der vergangenen Jahren an Hiobsbotschaften reichen Position des Hannoveraner Torhüters gibt es wieder Gutes zu vermelden. Zieler hat seiner Mannschaft durch sein souveränes Auftreten den Weg nach oben geebnet und sich dabei selbst in den Kreis der Besten katapultiert. Auch der ungewohnten Position des Bankdrückers wird er gewachsen sein. Von dort sah er schon Marc-André ter Stegen aus dem EM-Kader fliegen, und auch beim Blick auf Manuel Neuer wird in ihm die Überzeugung ruhen, dass seine Zeit kommen wird.
Hände: Anderthalb Jahre nahezu fehlerfreie Auftritte in der Bundesliga haben gezeigt: Zieler ist der Idealtypus des modernen Torhüters. Dabei interpretiert er seine Rolle offensiv, fängt Bälle frühzeitig ab und eröffnet blitzschnelle Gegenangriffe. EPE
Teammanager, 44 Jahre, Exnationalspieler
Kopf: Seinen Kopf hat er in seiner Karriere als Fußballer für das Erzielen vieler Tore genutzt. Danach hat er ihn beziehungsweise die Haare auf selbigem für einen Werbeclip in die Kamera gehalten. Jetzt muss er mit seinem Kopf richtig viel denken
Handwerk: Bierhoff ist der Vermarktungsoffizier der Nationalmannschaft. Darum nannte man ihn schon mal „Bithoff“, in Anlehnung an ein Bier, das die Spieler natürlich nur in der Variante „alkoholfrei“ trinken. Die „Ich-AG vom Starnberger See“ (Uli Hoeneß über Bierhoff) stellt eine Vielzahl von Kontakten her zur Welt der Entscheider, Anzugträger und CEOs. Hier bewegt er sich sicher und selbstbewusst. Muss er aber den smarten Sportpolitiker geben, tappt Bierhoff gern mal in diverse Fettnäpfchen. Beispiel: Aufklärung der Nationalspieler über den Holocaust am Kaminfeuer. MV
Assistenztrainer, 47 Jahre, Exbundesligaspieler
Kopf: Löws Assistent war als Fußballer für den FC Bayern und den 1. FC Köln in der Bundesliga aktiv. Danach spielte er noch ein paar Jahre in Bammental im Kraichgau, wo er auch ein großes Sportgeschäft aufgemacht hatte. Und weil man ihn brauchte bei Victoria Bammental, wurde er sogar Spielertrainer. In der Nachbarschaft machte sich zu dieser Zeit (2000) ein Dorfverein auf den Weg in die Erste Liga. Eine Zeit lang durfte Flick die TSG Hoffenheim nach oben coachen, vor allem mit jungen Spielern aus der Region hat er gearbeitet.
Handwerk: Dieser Erfahrungen kommen ihm in der Nationalelf zugute. Er kann mit den jungen Spielern, die Jahr für Jahr neu im Team auftauchen. Er kann ihnen beibringen, dass sie vielleicht nicht gleich ganz groß herauskommen werden. Und er kann sie im Zaum halten, falls es doch so kommt. ARUE
Trainer, 52 Jahre, Exbundesligaspieler
Kopf: Der Mann aus Baden („Er hat mein volldschdes Verdraun“) hasst den Stillstand. Er will, dass sich seine Spieler ständig weiterentwickeln. Wer das nicht kapiert oder nicht mithalten kann, fliegt aus dem Kader. So hat er eine Truppe smarter, erfolgshungriger und professioneller Jungs zusammengestellt, die seinen Anweisungen folgen.
Handwerk: Er ist nicht der Teamchef nach Klinsmann-Manier, der über allem steht. Löw macht es lieber selbst. Er kann’s ja auch. Der Umbau des deutschen Rumpelteams zu einem Kollektiv der Seidenfüße und Filigrantechniker ist sein Verdienst. Er hat das natürlich nicht alles selbst bewerkstelligt. Es gibt ein kleines Heer von Mini-Jogis: Fitnesstrainer, Leistungsdiagnostiker, Physiotherapeuten, Ärzte, Yogalehrer, Koch und Psychologe. Nichts soll dem Zufall überlassen werden. MV