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„Währung des globalen Austauschs“

Zwölf Ausstellungen in selbstbewussten Häusern: Das soll die fünfte Ausgabe der Triennale der Photographie in Hamburg nach dem Willen ihrer künstlerischen Leiterin Koyo Kouoh sein

Foto: Antoine Temp / Zeitz

Koyo Kouoh

geboren 1967 in Douala/Kamerun, ist seit 2019 Chefkuratorin und Geschäftsführerin des Zeitz Museum of Contemporary African Art, Kapstadt.

Interview Falk Schreiber

taz: Frau Kouoh, reden wir über „Currency“, zu deutsch „Währung“. Was bedeutet der Titel der Photo-Triennale?

Koyo Kouoh: Menschen tauschen sich untereinander in bestimmten Währungen aus, die je nach Kontext und Verhandlungsgebiet ihre Form, ihren Wert und ihre Bedeutung ändern können. Liebe zum Beispiel kann eine Währung sein, Gier kann eine Währung sein. Alles kann zu einer Verhandlungswährung werden, das ist die Grundidee. In unserem Gespräch gerade eben sind Worte die Währung. Darüber diskutieren wir, Sie als Journalist und ich als Kuratorin, wir verhandeln gerade Meinungen und Ideen. Es gibt also die Vorstellung eines ständigen Verhandelns, und dieses Verhandeln ist Teil einer Währung. Auf die Triennale bezogen ist Fotografie Währung des globalen Austauschs.

Sie arbeiten sonst am Zeitz Museum of Contemporary Art Africa in Kapstadt, spezialisiert auf zeitgenössische Kunst insgesamt. Was interessiert Sie an Fotografie ganz persönlich?

Fotografien sind Transportmittel, die uns unterstützen, die Welt zu verstehen. Sie helfen uns, durch die Welt zu navigieren. Sie helfen uns, die Welt und Geschichten zu dokumentieren. Und die Fotografie ist allgegenwärtig im menschlichen Austausch: Wir tauschen zum Beispiel keine Skulpturen aus, aber wir schicken einander ständig Fotos. Mir persönlich bedeutet Fotografie sehr viel. Wenn man in den frühen 1970ern in Zentralafrika aufgewachsen ist, gab es in der Familie immer wieder Momente der Fotografie: Geburtstag, Weihnachten, Ostern, Hochzeit, Taufe. Man ging besonders herausgeputzt ins Fotostudio, um ein Foto machen zu lassen. Für mich hatte es etwas Magisches, sich fotografieren zu lassen.

Ich möchte ein wenig auf die früheren Ausgaben der Triennale eingehen …

Ich habe die früheren Ausgaben nicht gesehen und so ohne deren Einfluss meine eigene Sicht auf die zeitgenössische Fotografie entwickelt.

Aber was war Ihr erster Eindruck, als Sie um die künstlerische Leitung gebeten wurden?

Das hat mich natürlich gefreut, weil ich, wie gesagt, vor allem zu zeitgenössischer Kunst arbeite. Zu Beginn meiner kuratorischen Tätigkeit war die Fotografie sehr präsent und ist dann langsam aus meinem Fokus gedriftet. Und das Angebot der Triennale kam zu einem idealen Zeitpunkt, um die Fotografie wieder in den Fokus meiner Arbeit zu rücken. Der zweite Grund heißt Hamburg. Hamburg ist eine sehr Fotografie-affine Stadt, es ist eine Medienstadt, und es ist einer dieser großen Knotenpunkte, an denen die Währung der Fotografie gehandelt wird. Außerdem gibt es die Institutionen, die an der Triennale teilnehmen, das sind zehn große Häuser in und um Hamburg, die alle fruchtbar zusammenarbeiten, und darüber hinaus gibt es viele Off-Spaces, die sich ebenfalls mit Fotografie beschäftigen.

Sie loben die Zusammenarbeit für die Triennale. Aber die einzelnen Ausstellungen haben alle ihre eigenen Kurator:innen. Ist der Job einer künstlerischen Leiterin da kompliziert?

Nein. Die Anregung zu den kuratorischen Konzepten kam von mir und wurde in vielen Gesprächen und einigen Workshops weiterentwickelt. Man darf nicht vergessen, dass mehr als 80 Prozent der Triennale während der Pandemie organisiert wurde – wir verbrachten viel Zeit auf Zoom, diskutierten sowohl einzeln als auch gemeinsam, und dabei entstand ein kollaborativer Geist, der von einem Gedanken ausging, der lautete: „Currency“ für die institutionelle DNA des jeweiligen Hauses übersetzen! Die DNA des Bucerius Kunst Forums ist nicht dieselbe wie die der Kunsthalle oder des Museums der Arbeit. All die Ausstellungen der Triennale werden durch Gespräche generiert. Man will nicht unbedingt eine Art Suprakuratorin sein, die sagt, was die Häuser zeigen sollen. Man will, dass diese Häuser ihre eigene institutionelle Identität behalten. Und das passiert bei der Triennale.

„Andere denken durch Materialien oder durch Bilder, ich denke durch Ideen“

Eine der Ausstellungen, in den Deichtorhallen, trägt den Titel „Currency. Photographie jenseits der Aufnahme“. Aber „Currency“ ist der Titel der gesamten Triennale. Für mich sieht das so aus, als wäre diese Ausstellung das Zentrum.

Ich tue mich schwer damit. Aber gleichzeitig ist die Triennale ein Projekt des Hauses der Photographie, das als Institution von den Deichtorhallen betrieben wird. Ich sehe die Ausstellung dort nicht gerne als Zentrum, weil die Triennale der Photographie für mich eine Konstellation von zwölf wunderschönen Ausstellungen ist, die alle miteinander verbunden sind. Aber in der Praxis sind die Deichtorhallen die Lokomotive der Triennale der Photographie.

Voriges Jahr gab es schon ein Symposium. Wie wichtig war das für Ihr Konzept?

Das Symposium war alles. Andere denken durch Materialien oder durch Bilder, ich denke durch Ideen. Und das Symposium war eine Möglichkeit, um unsere Ideen, zur Materialität, Übersetzung, Dokumentation und Politik der Fotografie, die Politik des Sehens und die Politik des Teilens zu diskutieren.

„Die Triennale der Photographie“ wurde 1999 von F.C. Gundlach initiiert, dem Gründer des Hauses der Photographie. Den Dreijahresrhythmus hat Corona 2020 torpediert: Die achte Ausgabe des Festivals läuft daher jetzt vom 20.5. bis zum 18. 9. Das Programm findet sich auf www.phototriennale.de.

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