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Archiv-Artikel

„Weg mit der Funktionärsclique“

VERBRAUCHERSCHUTZ Hilft ein eigenständiges Verbraucherministerium? Nur wenn die Hersteller vom Kabinettstisch verbannt werden, meint Thilo Bode

Thilo Bode

62, Gründer und Geschäftsführer der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch, war vorher lange Manager bei Greenpeace. „Abgespeist“ heißt sein letztes Buch.Foto: ap

taz: Barbara Hendricks, im SPD-Team von Kanzlerkandidat Steinmeier für Verbraucherfragen zuständig, fordert, das Verbraucherministerium vom Agrarministerium abzukoppeln. Herr Bode, was halten Sie von dieser Forderung?

Thilo Bode: Die Forderung macht zunächst durchaus Sinn: Die Hersteller wollen die billigsten Kosten, die Verbraucher die höchste Qualität – dass dieser Antagonismus nicht funktionieren kann, das erklärt sich von selbst. Gezeigt haben das die Debatten über die Ampel-Kennzeichnung von Lebensmitteln.

Und ein eigenes Verbraucherministerium würde solche Diskussionen unmöglich machen?

Nein. Es würde zwar vielleicht endlich dazu führen, dass unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes keine Agrarpolitik mehr betrieben wird…

Aber?

…aber Interessenvertretungen einzelner Wirtschaftszweige haben auch weiterhin nichts am Kabinettstisch verloren. An dieser demokratischen Unsitte würde auch ein eigenständiges Verbraucherministerium nichts ändern. Zwar würden dann Verbraucherinteressen besser artikuliert – aber solange die Hersteller trotzdem mit einem eigenen Ministerium am Kabinettstisch sitzen, wird der Verbraucherschutz in der Willensbildung immer zu kurz kommen.

Wie hieße denn Ihre Lösung?

Das Klientelministerium abschaffen, weg mit der Bauernfunktionärsclique.

Zeigt die Diskussion nicht, dass Verbraucherschutz durchaus ein Wahlkampfthema ist?

Nein. Für die großen Parteien, und damit meine ich vor allem die Parteiführungen, ist Verbraucherschutz nach wie vor ein Softthema. Die haben immer noch nicht begriffen, dass es um ein Bürgerrechtsthema geht, das nah bei den Leuten ist, das ihnen unter die Haut geht. Und auch in den Medien ist Verbraucherschutz oft immer noch ein Kuschelthema.

Wie ist Frau Hendricks’ Forderung dann zu verstehen?

Ich will mich nicht bei den Motiven der Menschen aufhalten – prinzipiell ist alles, was die Rechte der Verbraucher stärkt, gut. Ich kann nur wiederholen: Verbraucherinteressen sind nicht Herstellerinteressen. Deswegen geht ein eigenes Verbraucherministerium zwar in die richtige Richtung, es reicht aber nicht aus.

INTERVIEW: ANNA MAUERSBERGER