: Babylonische Verwirrung ohne Ende
Nachdem die Senatsförderung für das Kino Babylon vom Gericht gestoppt wurde, bewilligte Kultursenator Flierl (PDS) eine reichhaltige Finanzspritze für dessen Betreiber. Grüne Ströver spricht von einem höchst merkwürdigen Verfahren
Die Verwirrungen um das Kino Babylon nehmen kein Ende. Damit bleiben auch die Fragen ohne Antwort, was Kultursenator Thomas Flierl (PDS) zu dem von ihm favorisierten Babylon-Betreiber Timothy Grossman hinzieht. Wie jetzt bekannt wurde, hat Flierl Grossman für Mai und Juni Projektmittel von rund 84.000 Euro gewährt – kurz nachdem die Senats-Fördergelder für das Filmkunsthaus wegen einer Klage der früheren Mitinteressenten eingefroren wurden. Grossman muss sich wegen des gekippten Auswahlverfahrens erneut für das Babylon bewerben.
Ein höchst merkwürdiges Verfahren sei bei der frühsommerlichen Finanzspritze gelaufen, sagt Alice Stöver (Grüne), Vorsitzende des Kulturausschusses im Abgeordnetenhaus. Sie liefert den Beleg, einen Bewilligungsbescheid der Kulturverwaltung, gleich mit. Babylon-Betreiber Grossman hatte, wie aus diesem Schreiben hervorgeht, bei der Senatsverwaltung am 17. Mai 2005 für die Monate Mai und Juni eine Projektförderung in Höhe von 84.160 Euro beantragt. Nur drei Tage später gab der Kultursenator diesem Antrag statt.
„Rückwirkend und blitzschnell so eine riesige Summe zu bewilligen, ist absolut unüblich“, sagt Ströver. Ihr erscheint zudem die Fördersumme unverhältnismäßig hoch. Sie vermutet, dass damit nicht nur, wie auf dem Antrag angegeben, die Eröffnungsparty und drei Filmreihen finanziert wurden, sondern unerlaubterweise auch die Miete.
Nötig dürfte Grossman das Geld jedenfalls haben: Er hatte den Betrieb des Babylon am 20. Mai neu aufgenommen. Wenige Tage zuvor war jedoch die erste Tranche des jährlichen Senatszuschusses in Höhe von insgesamt 320.000 Euro per Gericht gestoppt worden. Geklagt hatten Mitbewerber, da der Zuschlag für das Babylon entgegen den Vorgaben für ein kommunales Kino auf Grossmans Mischkonzept fiel, das auch kommerzielle Filme vorsieht. Inzwischen ist das Auswahlverfahren wieder neu eröffnet. Grossman war gestern nicht erreichbar.
EYZ-Kinobetreiber Andreas Wildfang, einer der Kläger, ärgert sich über die so schnelle und vor allem so hohe Finanzspritze des Kultursenators: „Die Kinoveranstaltungen können nicht mehr als 25.000 Euro gekostet haben“, sagt er – etwa so viel Geld hätte Grossman auch bei der gestoppten institutionellen Förderung monatlich zur Verfügung gestanden. „Mit mehr Geld konnte Grossman folglich nicht planen, da sein Programm schon vor dem Förderantrag feststand“, so Wildfang. Wer zudem einmal Projektmittel beantragt habe, wisse, dass ein solcher Antrag in der Regel ein Jahr Vorlauf hat. Kultursenatssprecher Torsten Wöhlert hält dagegen, dass es manchmal eben „ganz schnell“ gehen könne.
Ströver sieht in dem Ganzen eher einen Beweis dafür, dass Flierl „jedes Mittel recht ist, wenn er jemanden unbedingt haben will“. Ihre Nachforschungen, woher die Kulturverwaltung das Geld nahm, ergaben: Die Mittel stammten aus dem Haushaltstitel „Zuschüsse für Veranstaltungen“, der für 2005 rund 440.000 Euro umfasst. „Die gesamte Summe ist jedoch bis auf den letzten Cent schon für andere Projekte verplant“, sagt Ströver. Folglich könne dies nur bedeuten, dass Projekte wie die Initiative Neue Musik gekürzt werden oder ganz leer ausgehen.
Flierls Sprecher Wöhlert bestätigt die Finanzierung der Babylon-Veranstaltungen, die nicht eingeplant waren, aus diesem Topf. Doch auch hier bleibt er äußerst gelassen. Generell gebe es zwei Möglichkeiten: „Entweder hat ein Projekt aus dem Haushaltstitel nicht stattgefunden, oder die Mittel wurden einfach aufgestockt“, erklärt er. Was davon geschehen ist, lasse sich nicht in Erfahrung bringen. Das alles sei aber ein ganz normales Verfahren. TINA HÜTTL