berliner szenen
: Masken und Bunker

Maske raus!, Maske auf!, ziehst du die Maske bitte auch über deine Nase?, hallo?, auch im Gang herrscht eine Maskenpflicht!, höre ich mich heute gefühlt jede dritte Minute die immer gleiche Leier abspulen. Denn die Schü­le­r*in­nen der Schule, an der ich drei Tage in der Woche arbeite, haben es auch zwei Jahre nach Beginn der Pandemie größtenteils nicht verinnerlicht, eine Maske zu tragen.

Ich habe alles versucht, sie dazu zu animieren. Sogar Sprüche gebracht wie: „Besser Maske als Beatmungsgerät.“ Heute merke ich, dass ich langsam kapituliere: Soll ich mich wirklich wegen Masken mit ihnen streiten, während die Welt gefühlt vor unseren Augen zerfällt? Meine Ermahnungen werden von Stunde zu Stunde leiser.

Es ist die fünfte Woche des russischen Angriffskriegs in der Ukraine und die Schü­le­r*in­nen reden in der Schulbibliothek über nichts anderes mehr. Sie fragen mich nach Büchern über Russland, Polen und die Ukraine oder kommen nur vorbei, um mit einer Erwachsenen über die neuesten Entwicklungen zu sprechen oder Fragen zu stellen wie: „Gibt es in Berlin eigentlich Atomschutzbunker?“, oder: „Meinen Sie, der Krieg kommt bald auch noch zu uns nach Berlin?“

Einer der Erzieher, der schon lange aufgegeben hat, die Jugendlichen zu ermahnen, lächelt nur müde über meine Bemühungen, die Maskenpflicht durchzusetzen: „Mach dir nicht unnötig das Leben schwer. Die Maßnahmen fallen jetzt doch eh in paar Tagen weg.“ Ich runzele die Stirn und meine sarkastisch: „Großartiger Zeitpunkt. Bei uns ist ja gerade auch nur die halbe Schülerschaft infiziert. Und an der Schule meiner Tochter etwa ein Drittel.“ Er zuckt mit den Schultern: „Freedom Day ist Freedom Day. Und wenn es so weitergeht, sind demnächst ja eh weniger FFP2-Masken als vielmehr Gasmasken angesagt.“ Eva-Lena Lörzer