: Die C-Wurst kriegt ein Mausoleum
Die Berliner Currywurst ist Marke, Identität und Kultfraß. Nun wird sie mit einem eigenen Museum im Zentrum der Stadt geadelt. Geplant ist ein Event- und Bildungskonzept mit Magenbegehung und anschließender Degustation
Die Schokolade hat eins in Köln, Gewürze dürfen sich in Hamburg bestaunen lassen und sogar die jamaikanische Yamswurzel hat ein eigenes Museum. Nur die Currywurst rutscht ohne museale Beachtung in deutsche Mägen. Oh,Currywurst – diese mageren Zeiten sind bald vorbei. Gestern, zum Geburtstag deiner Erfinderin Herta, gaben deine Fans bekannt, dir ein Museum zu widmen. Dort sollen die unbedarften Esser virtuell durch Ketchup waten, deinen Weg im menschlichen Verdauungstrakt verfolgen und kollektiv die dir gewidmete Hymne von Herbert Grönemeyer singen können. Kurz: Das war es, worauf Berlin nach der Rückkehr der Currywurstbude zum Brandenburger Tor noch gewartet hat.
So viel Mut haben die Diplomsoziologin Birgit Breloh und der Manager Martin Löwer. Im kommenden März wollen sie allen Ernstes das „Deutsche Currywurst Museum Berlin“ eröffnen. Erklärtes Ziel ist es, die Besucher zu verzaubern und dich, Sir Curry, zu adeln. Diese ehrenhafte Idee hatte Martin Löwer, als er auf Jamaika der Yamswurzel in ihrem eigenen Museum begegnete. Die Jamaikaner hatten es, im Gegensatz zu uns Deutschen, nicht verpasst, ihrer Nationalspeise eine angemessene Stätte einzurichten. Man könnte nun einwenden, es gibt ja ein Kartoffelmuseum, ein Zuckermuseum und ein Schokoladenmuseum. Löwer und Breloh finden aber, nichts verbindet so sehr wie eine Currywurst. „An der Currywurstbude sind alle gleich, der Bundeskanzler und der Bauarbeiter von der Straße“, schwärmt die Diplomsoziologin. Man kann sich nur schwer vorstellen, wie ein Ketchup-umhülltes Stück Brühwurst in diesen exakt geschminkten Mund geschoben wird. Um den Zeitverzug zum jamaikanischen Yamsmuseum wieder wettzumachen, soll der Currywurst kein banales Memorial errichtet werden. Löwer und Breloh planen vielmehr ein Edutainment-Center. Edu(cation) und (Enter)tainment, also Bildung und Unterhaltung, sollen dort vereint werden. Fünf Millionen Euro kostet die Bildungs-Imbissbude am Kudamm oder am Potsdamer Platz. Den Neugierigen muss ein Besuch sieben Euro wert sein. Mit einem virtuellen Flugzeug wird man dann in die Vergangenheit der Wurst reisen können. Zur Geburtsstunde, 1949, als Herta Heuwer zum ersten Mal ihre Currysoße anmischte. Oder in die Achtziger, als Gyros, Pizza und Burger anfingen, der C-Wurst Konkurrenz zu machen.
Natürlich darf die Gesundheit nicht zu kurz kommen. So werden auch alle unschönen Details über das fettige Innenleben erzählt. Wer das verdaut hat, für den liegt dann die ultimative Darmlose in der Imbisslounge zum Verzehr bereit. Oh, du liebe Currywurst! Wirst du dich mit Rot-Weiß auf Pappe in einer Lounge wohl fühlen? Geht es nicht eigentlich darum, dich zwischen Kanzler und Bauarbeiter an einer Pommeshalle zu genießen? „Einem Ort, wo man einfach nur Mensch sein kann“, wie Breloh findet. Ihre beste Currywurst hat sie schließlich auch im Abendkleid an einem Imbiss gegessen, wie immer: scharf und mit ohne. Frauke Adesiyan